Das Subharchord
Der Hybrid-Synthesizer zur Erzeugung subharmonischer Klangstrukturen für Neue Klangkunst
Kompositionen und Experimente mit Subharchord [08]

Der Dresdner Komponist Hans-Hendrik Wehding spielt eigene Werke auf dem Subharchord I
© Foto: RFZ / M. Dummer – Archiv Gerhard Steinke
Zu den bekanntesten im RFZ realisierten Werken für Subharchord zählen:
„Protest“ von Bernd Wefelmeyer, „Galileo Galilei“ von Siegfried Matthus, „Zoologischer Garten“ von Frederic Rzewski, danach im Funkhaus-Hörspielkomplex I „Schwarze Bilder“ von Tilo Medek.
Die Werke sind z. T. auf ETERNA-Schallplatten veröffentlicht.
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Darüber hinaus waren u.a. die folgenden Komponisten im RFZ-Experimentalstudio mit Subharchord- Realisationen vertreten:
Wolfgang Hohensee, Wolfram Heicking, Herwart Höpfner, Rainer Hornig, Günter Hörig, Günter Joseck, Walter Kubiczek, Rolf Kuhl, Addy Kurth, Hermann Neef, Conny Odd, Gerd Schlosser, Karl-Ernst Sasse, Karl-Heinz Schröder, Joachim Thurm, Hans-Hendrik Wehding und Rolf Zimmermann.
Die realisierten Klangkunst-Produktionen im Experimentalstudio des RFZ ermöglichten regen internationalen Bandaustausch auf diesem Spezialgebiet mit zahlreichen Rundfunkinstitutionen und Elektronischen Musik-Studios. Die Aufnahmen dienten sowohl zu Studienzwecken (u.a. Lehrmaterial für eine spezielle Vorlesung „Elektronische Klangerzeugung“ für die Abt. Tonmeister an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin), als auch für eine Reihe von Rundfunksendungen im Programm „Deutschlandsender“.
Darin wurde berichtet über die Arbeit der Studios in Eindhoven, Gravesano, Illinois, Köln, London (BBC), Moskau, Milano, München, Paris, Stockholm, Toronto, Warschau, Utrecht u.a. mit den dort tätigen Komponisten, was von den Hörern stark beachtet wurde und der eigenen Entwicklungs- und Produktionstätigkeit wertvolle Impulse verlieh. Durch den Bandaustausch, die Rundfunk-Features und die zahlreichen Veröffentlichungen wurde das Subharchord international bekannt gemacht.
Grenzüberschreitenden Kontakt gab es mit dem Studio für Elektroakustische Musik der TH Berlin-Charlottenburg; zunächst mit Prof. Dr. Winckel, danach mit dem Leiter des Studios Folkmar Hein, der sogar während und später nach der Mauerzeit zu Vorträgen über das Subharchord und zum Erfahrungsaustausch einlud.
In seinem Studio-Archiv wird auch der größte Teil der RFZ-Korrespondenz mit den verschiedenen Studios in aller Welt aufbewahrt.
Für diese freundschaftliche Verbundenheit auch in schwieriger Zeit gebührt Folkmar Hein herzlichster Dank.
Besondere Unterstützung erfuhren sowohl die Entwicklung als auch der experimentelle Studiobetrieb durch Mitarbeiter der Akademie der Künste der DDR, insbesondere durch Paul Dessau, Kurt Schwaen und Siegfried Matthus, die den kulturpolitischen Ressentiments gegenüber jener Art Musik in der damaligen DDR aktiv entgegentraten, so dass Entwicklung und Studiobetrieb im RFZ bis ca. 1969 gewährleistet werden konnten.
Leider kamen geplante Produktionen mit Paul Dessau, Luigi Nono, Georg Katzer, Franco Evangelisti u.a. infolge des Abbruchs der Arbeiten nicht mehr zustande.

Prospektblatt des Elektronischen Musikstudios bei Televizia Bratislava, 1968
Auf dem rechten Foto außen Ivan Stadtrucker, der Technische Leiter des Studios mit Karl-Heinz Stockhausen am Subharchord II)
Dokument: Archiv Gerhard Steinke
Durch einen Prospekt belegt, ist der Einsatz des Subharchords im Studio bei Televizia in Bratislava. Dessen damaliger Technischer Leiter, Ing. Ivan Stadtrucker besuchte im März 1966 das Berliner RFZ-Labor und bestellte das dritte Gerätaus der Kleinserie von 6 Geräten.
1968 sandte Stadtrucker den Berliner Enwicklern ein Prospektblatt, auf dem er und auch Karl-Heinz-Stockhausen beim Studium des Subharchord II abgebildet sind. Leider gab es (mündlichen Erinnerungen zufolge) aus Devisengründen in Bratislava keine Möglichkeit einer Produktion mit Stockhausen zu jener Zeit mit Subharchord.
Allerdings nahm die slowakische Pop-Gruppe COLLEGIUM MUSICUM mit Marian Varga im Bratislavaer Studio am Subharchord im Zeitraum 1970 bis 1979 zahlreiche Lanspielplatten auf.
Ende 1980 wurde der Subharchord-Prototyp dank der Initiative des Komponisten Georg Katzer der Akademie der Künste der DDR übereignet zum Aufbau des Studios für Elektroakustische Musik. Dieses Vorhaben konnte 1985 realisiert werden, nach einer Expertise von Komponist und Tonmeister Ralf Hoyer, dank dem energischen Engagement von Georg Katzer und dem Musikwissenschaftler und Filmkomponisten Manfred Machlitt.
Der im AdK-Studio eingesetzte Prototyp Subharchord II wurde vor allem wegen der Mel-Filterbank genutzt (u. a. in Georg Katzers Stück „Dialog imaginär 2“), und technisch betreut von den Toningenieuren Georg Morawitz und Uwe Ziegenhagen, die die Mel-Filterbank als selbständige Einheit mit Midi-Ansteuerung einsetzten als das Instrument wegen der Kontaktprobleme und Bauelemente-Ausfälle funktionsuntüchtig wurde.
Im Sommer 2005 wurde es durch den aus Chemnitz stammenden Musiker und bildenden Künstler Carsten Nicolai in den Mittelpunkt seiner Installation „sub vision“ gestellt.
Im Rahmen der Ausstellung „Künstler.Archiv“ setzte Nicolai sein Projektgeld für die Restaurierung des Instrumentes ein. Auf Veranlassung der Kuratorin Dr. Helen Adkins wurde der Prototyp durch den Spezialtechniker des RFZ, Georg Geike, und den Berliner Restaurator, Christian Lindhorst, wieder funktionstüchtig gemacht.
So konnte das Instrument zur Eröffnung des neuen Hauses der Akademie der Künste zu Berlin am Pariser Platz eingesetzt und vorgeführt werden.

Video- und Tonaufnahmen im Fundus des Deutschen Technikmuseums in Berlin von der Klangabnahme zur späteren Digitalisierung durch Stephen Howell, UK und Per Platou aus Oslo, für die spätere Nutzung im Subharchord-Film von Ina Pillat (Norwegen)
An der Kamera: Jenny Barth, Berlin
Im Dezember 2011, (5.12. bis 8.12.11) wurden auf Anregung des Norwegischen Künstlerteams Ina Pillat und Per Platou, mehrtägige Sampleaufnahmen der Mixturklänge des Subharchords im Fundus des Technischen Museums in Berlin vorgenommen. Dazu waren aus Oslo Per Platou, Experte für elektroakustische Klangbearbeitung, sowie Stephen Howell, Inhaber einer Spezialfirma für elektroakustische Musikinstrumente, aus England nach Berlin gekommen.
Ziel war es, die Subharchordklänge, insbesondere nach Verarbeitung mit den Mel-Filtern, zu digitalisieren, und dafür eine neuartige Bedienkonsole zu konstruieren, mit der die subharrmonischen Klang-Strukturen leichter produziert, bearbeitet und gespeichert werden könnten.
Die Arbeiten wurden per Video-und Tonaufnahmen zur späteren Nutzung im Dokumentarfilm von Ina Pillat über das Subharchord begleitet.
Es zeigten sich aber bei der späteren Nachbearbeitung in England größere Schwierigkeiten, die eine neue Software erforderten. Leider erkrankte und starb Steve Hollow während dieser Arbeiten; sie konnten nicht mehr wieder aufgenommen werden.
Nach Umzug und Neueinrichtung des Studios für Elektroakustische Musik der Akademie der Künste Mitte 2012 erfolgte nunmehr auch Stationierung des Prototyps Subharchord II am Hanseatenweg 10 in Berlin und Einsatz für Realisationen unter der Künstlerischen Leitung von Dr. Gregorio García Karman (u.a. Veranstaltung der AdK in der Villa Elisabeth am 14. September 2014 mit Virko Globokar, anlässlich seines 80. Geburtstages).
Die norwegische Video-Dokumentation
Stephen Howell am Subharchord II. Dokumentarfilm von Ina Pillat.
Die Rundfunkaufnahmen
Hans-Hendrik Wehding (1915-1975): Concertino
für elektronische Klänge, Streichorchester und Schlagzeug
Staatskapelle Berlin
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Joachim Thurm (1927-1995): Moments Musicaux
daraus: 3. Satz „Scherzo“
Joachim Thurm zu seinem Stück: „Das Scherzo zeigt die Kombination von Blechblasinstrumenten mit elektronischen Klängen, die hier neben melodischen Episoden vor allem längere Harmonieflächen als Begleitung der Solotrompete bilden. dabei kommt ein wesentliches Charakteristikum des Subharchores, die Klang und Akkordbildung durch subharmonische Mixturen, zur Anwendung.
Durch die reichlich einbezogene rhythmische Komponente der Iteration, einer spezifisch elektronischen Möglichkeit, wird eine Belebung des Klanges erreicht.“
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Frederic Rzewski (*1938): Zoologischer Garten 1965
daraus Teile II bis Schluß
Der Titel des Stückes ist mehrdeutig: Ein Exposé über einen Tiergarten, aber auch über den Berliner Bahnhof ZOO als Pendant zum Grenzbahnhof Friedrichstraße oder zum Übergang für Ausländer mit PKW, dem „Checkpoint Charly“ …
Produktion: Funkhaus Berlin, Nalepastraße vom 14. August bis 14. Dezember 1965
Toningenieur: Klaus Bechstein
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Siegfried Matthus (*1934): Galileio Galilei 1966
für Singstimme, Instrumente und elektronische Klänge über Worte von Bertolt Brecht
daraus: Anfangsteil
Solistin: Edda Schaller, Mezzosopran
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Tilo Medek (1940-2006): Schwarze Bilder – Pinturas negras 1974
Melodrama um Goya (für Sprecher, Marimbaphon und elektronische Klänge)
daraus: Anfangsteil
Text: Antonio Buero Valleja
Erich Arendt (1903 – 1984) (dt)
Sonstige Vorlage: Goya, Francisco (1746-1828)
Jürgen Meinel (elektronische Klangrealisation)
Hans-Peter Minetti (Sprechstimme)
Wolfgang Preißler (Marimbaphon)
Aufnahme: August 1974 in Berlin, Funkhaus Nalepastraße Saal 4
Mit „Pinturas negras“ sind die bekannten Bilder gemeint, die der alternde und taube Goya an die Wände seines Hauses gemalt hatte. Der spanische Dichter Valleja schrieb auf Anregung von Medek einen Text, der sich auf die „Schwarzen Bilder“ bezieht.
Tilo Medek dazu: „Mich reizte es als musikalische Entsprechung zu den „Schwarzen Bildern“ Zuordnungen zu komponieren. Um diese elektronischen Musiknummern herum lagern sich vom Marimbaphon gespielte instrumentalstücke, zu denen der Text frei gesprochen wird.
Das elektronische Klangmaterial ist eine musikalische Erweiterung, die ich vorerst vor allem bei solchen Stoffen verwenden möchte, die auch eine Ausweitung des realen Raumes, der uns umgibt, betreffen.“
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Tilo Medek (1940-2006): Des Meeres und der Liebe Wellen 1975/77
Ein Tongemälde für Sopran- und Tenorsolo, gemischten Chor, elektronische und Naturklänge
Text: Franz Grillparzer
Elektronische Klangrealisation: Tilo Medek und Jürgen Meinel
Aufnahme: Rundfunk der DDR Berlin am 27. -30. Dezember 1975
Hierzu schrieb Medek an Gerhard Steinke am 17.6.05:
„Leider ist das Grillparzer-Stück in der Endmischung mit meiner Ausbürgerung zusammengefallen, so dass das Stück nur als ein `Nichtganzfertiges` existiert!!
Man versicherte mir damals, dass ich vom Westen aus einreisen und die Sache zu Ende bringen dürfe, aber das war nur eine ‚Verladung’“.
Dank
Rundfunkschaetze.de bedankt sich für die Zustimmung zur Verwendung der Klangbeispiele bei Herrn Prof. Siegfried Matthus, Herrn Prof. Frederic Rzewski sowie bei Frau Dorothea Medek von der „Edition Tilo Medek“.
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→ WEITER: [09] AKTUELLE VERANSTALTUNGEN MIT SUBHARCHORD
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Kapitelübersicht zum Subharchord
→ 00 | Spiel mit Klangfarben |
→ 01 | Definition und Hauptmerkmal des Subharchords |
→ 02 | Entwicklungsgeschichte |
→ 03 | Subharchord-Entwicklungsteam |
→ 04 | Verlauf der Subharchord-Entwicklung |
→ 05 | Standorte und Verbleib der Subharchord-Seriengeräte |
→ 06 | Geplante Weiterentwicklung des Subharchords |
→ 07 | Realisation elektroakustischer Kompositionen in Veranstaltungen |
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→ 09 | Aktuelle Veranstaltungen mit Subharchord |
→ 10 | Rundfunksendungen und Literatur für Subharchord |
Diese für rundfunkschaetze.de verfasste Kurzcharakteristik des Subharchords ist eine autorisierte Version der Subharchord-Team-Mitarbeiter Gerhard Steinke, Wolfgang Hoeg, Klaus Bechstein, Jürgen Meinel, Dr. Peter Fürst, Prof. Bernd Wefelmeyer, Georg Geike.
Einige Veröffentlichungen zum Subharchord unter www.subharchord.de stehen nicht in Übereinstimmung mit obiger autorisierter Darstellung und wurden hier nicht mit übernommen.
Verantwortlich für den Inhalt der hier folgenden Web-Seiten: Gerhard Steinke
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