Das Subharchord
Der Hybrid-Synthesizer zur Erzeugung subharmonischer Klangstrukturen für Neue Klangkunst


Geplante Weiterentwicklung des Subharchords 
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Aspekte für die weitere Serienfertigung

Vom Polnischen Rundfunk war 1967 ebenfalls ein Subharchord II bestellt worden, es wurde jedoch wegen Bedenken über nicht ausreichende künstlerische Nutzung infolge der temperierten Skala der Klaviatur wieder abbestellt, da es bei dieser Tonhöhenskala von Nachteil ist, dass viele Tonzwischenwerte verloren gehen.

Aufgrund der inzwischen gesammelten eigenen Erfahrungen sowie der Forderungen von Komponisten, u.a. Paul Dessau und Frederic Rzewski, sollten daher künftige Geräteversionen neben den Tasten-Manualen zusätzlich auch kontinuierlich spielbare Bandmanuale mit eigenen Mixtur-Funktionsgruppen aufweisen.

Ferner war nach dem erfolgreichem Verkauf der Kleinseriengeräte und der geplanten Weiterentwicklung zu Subharchord III/IV eine Fertigung bei HELIRADIO in Limbach-Oberfrohna geplant gewesen; alle Vorhaben mussten jedoch nach Enteignung von HELIRADIO durch DDR-Willkür 1972 aufgegeben werden.

 

Geplante, jedoch nicht mehr realisierte Weiterentwicklung

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Dipl.-Ing. Gerhard Steinke im Hörspielkomplex 2 im Funkhaus Berlin, Nalepastraße
© Foto: Georg Geile

Der Entwicklungsleiter hatte entschieden, zunächst eine Klaviatur als für Musiker und Komponisten leichter zu bedienendes Spielmanual einzusetzen, in Verbindung mit einem übersichtlichen Bedienfeld.
Das Bandmanual nach Hellberger, wie im Trautonium eingeführt, erschien für die Anfangsstufe weniger geeignet (es wurde nur von dem Virtuosen Oskar Sala in Vollkommenheit beherrscht), obwohl es den großen Vorteil aufweist, dass die Einengung auf eine Zwölfton-Skala vermieden wird. Insbesondere Vladimir Ussachevsky hatte schon frühzeitig betont, dass eine Klaviatur den Komponisten und Spieler dazu zwingen könnte, auf althergebrachte Art zu denken (wie erwähnt, hatte der Polnische Rundfunk aus diesem Grund ein bereits erfolgte Bestellung eines Subharchords wieder storniert).

Es war daher für ein künftiges Subharchord III/IV vorgesehen, zusätzlich zu zwei Tasten-Manualen auch zwei Bandmanuale einzubauen, ferner auch erweiterte Klangsynthese für Obertonmixturen.
Durch diese größere Vielfalt an mehrstimmigen Klangkombinationen sollte es auch als live-Konzertinstrument bzw. im Zusammenspiel mit konventionellen Musikinstrumenten und Orchester eingesetzt werden können. Dabei sollte auch die Spielbarkeit der vom Tastenhub abhängigen Lautstärkereglung gemäß Hinweis von Toningenieur Klaus Bechstein konstruktiv verbessert werden.

Für die benutzten MEL-Filter lieferten Untersuchungen von Bernd Wefelmeyer und Lothar Thomalla wichtige Verbesserungshinweise zur beabsichtigten Weiterentwicklung sowie für ein von Tonmeister Klaus Wagner vorgeschlagenes stand-alone-Gerät mit einer MEL-Filterbank zum Studioeinsatz.
Geplant war ein Filtersatz mit einer feineren Auflösung, entsprechend den 24 Frequenzgruppen nach Zwicker (mit je 1 Bark = 100 mel).

Die erste MEL-Filterbank war nach einer Idee von Josef Anton Riedl bereits 1958 von Hansjörg Wicha und Herbert Klein im Siemens-Studio München aufgebaut und in ein von ihnen modifiziertes älteres Zungeninstrument („Hohnerola“) eingebaut und mittels Lochstreifensteuerung zur Klangformung genutzt worden.
Ferner sollte im künftigen Subharchord gemäß Vorschlägen von Bernd Wefelmeyer die Formant-Filterreihe (übernommen von der „Toccata-Orgel“ und daher aufgebaut nach der traditionellen Orgeldisposition) durch spezielle Vokal-Formant-Filter mit variablen Eigenfrequenzen ergänzt, sowie durch Einbau eines zweiten Ringmodulators auch eine optimale Frequenzumsetzung ermöglicht werden.
Dazu war nach Wolfgang Hoeg ein speziell aufgebauter aleatorischer Modulator (Frequenzmodulation von stationären Klängen mit schmalbandigen Rauschsignalen) zur Realisation von stochastischen Klangstrukturen vorgesehen.

Erhaltung und Lebensdauer der noch existierenden Subharchord-Instrumente sind (leider) begrenzt. Insbesondere wurden zahlreiche Schalter-Kontakte nicht wie erforderlich vergoldet, sondern seinerzeit gemäß geltenden staatlichen Reglementierungen nur cadmiert (verkadmet).
Die Kontakte der Mehrebenen-Schalter sind zwar versilbert, wie auch die Tastatur-Kontakte aus Silberdraht gefertigt wurden – doch bei den bestehenden Umwelteinflüssen kann damit keine dauerhafte Funktionssicherheit gewährleistet werden. Stets sind aufwendige Reinigungen erforderlich.

 

Projekt Elektronisches Studios Funkhaus Berlin Nalepastraße

Die neuen Instrumente waren für den Einsatz in Studios für elektronische Klangerzeugung in den Funkhäusern Berlin und Leipzig vorgesehen. Nach konzeptionellen Vorarbeiten durch G. Steinke betreute Wolfgang Hoeg mit Projektierungsingenieur Ralph Belitz den technisch-technologischen Teil von Planung und Projektierung der anlagentechnischen Ausrüstung um den zentralen Klangerzeuger, das Subharchord, und überwachte die Fertigung der einzelnen Baueinheiten.
Darunter befand sich auch ein modular aufgebautes Tonmischpult im System 700, sowie ein sog. Trickmischfeld, mit dem die verschiedenen Effektgeräte und Filter miteinander verknüpft werden konnten. Mit einem derartigem speziellen Mischfeld sollte die Realisation vieler (auch neuer) Effekte wie Iteration, aleatorische Modulation, Rauscheffekte mittels Ringmodulatoren, Verhallungs-Varianten u.a. besonders effizient ermöglicht werden. Das einzusetzende Subharchord war hierzu auch mit studiotypischen Ein-und Ausgängen versehen worden; im Hinblick auf die seinerzeit noch neue Mehrkanaltechnik bereits zweikanalig.
Dazu gehörten auch komfortable akustische und visuelle Überwachungsmöglichkeiten, wie Zweikanal- Aussteuerungsanzeige und das ebenfalls im RFZ entwickelte Stereo-Sichtgerät.

Das Prinzipbild zeigt eine frühe Konzeption für eine solche Anlage, die jedoch im Verlaufe der Planung und Projektierung in vielerlei Hinsicht weiterentwickelt und ergänzt worden war:

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Konzeptvorschlag Studio für elektronische Klangkunst mit Subharchord
© Dokument: Archiv Gerhard Steinke

Die somit sehr weit gediehenen Investitions-Vorbereitungen für das im Funkhaus Berlin-Oberschöneweide, Block A, vorgesehene Studio mussten allerdings 1970 aufgrund der unsäglichen politischen Entscheidung der Leitung des Rundfunks sowie des RFZ abgebrochen und die meisten, weitgehend fertig gestellten Anlagenbestandteile verschrottet werden, da sie wegen ihrer speziellen Ausstattung nicht an anderen Standorten sinnvoll einzusetzen waren.
Damit wurden nicht nur ingenieur- und fertigungstechnische Leistungen im Wert von ca. 400 TMark der DDR durch eine ideologisch basierte Entscheidung vernichtet, sondern auch das künstlerische Potential der Anwendung elektronischer Klangkunst im ostdeutschen Rundfunk für viele Jahre blockiert.
Das Labor widmete sich nach genereller Strukturänderung im RFZ vorwiegend technologischen Untersuchungen für eine neue analog gesteuerte digitale Ton-Studiotechnik, sowie Aufgaben der subjektiven Akustik zur Signalqualität, später neuen Tonübertragungs- und Rundfunksystemen, wie DAB, Mehrkanal-(Surround-Sound)-Technik u.a.

 

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Kapitelübersicht zum Subharchord

→ 00 Spiel mit Klangfarben
→ 01 Definition und Hauptmerkmal des Subharchords
→ 02 Hybrid-Synthesizer „Subharchord“ – Im Zeitalter vor Bode- und Moog-Synthesizer
→ 03 Subharchord-Entwicklungsteam
→ 04 Verlauf der Subharchord-Entwicklung
→ 05 Standorte und Verbleib der Subharchord-Seriengeräte
• 06 Geplante Weiterentwicklung des Subharchords
→ 07 Realisation elektroakustischer Kompositionen in Veranstaltungen
→ 08 Lautsprechersymbol-klein-1 Kompositionen und Experimente mit Subharchord
→ 09 Aktuelle Veranstaltungen mit Subharchord
→ 10 Rundfunksendungen und Literatur für Subharchord

 

Diese für rundfunkschaetze.de verfasste Kurzcharakteristik des Subharchords ist eine autorisierte Version der Subharchord-Team-Mitarbeiter Gerhard Steinke, Wolfgang Hoeg, Klaus Bechstein, Jürgen Meinel, Dr. Peter Fürst, Prof. Bernd Wefelmeyer, Georg Geike.
Einige Veröffentlichungen zum Subharchord unter www.subharchord.de stehen nicht in Übereinstimmung mit obiger autorisierter Darstellung und wurden hier nicht mit übernommen.

Verantwortlich für den Inhalt der hier folgenden Web-Seiten: Gerhard Steinke

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