Das Subharchord
Der Hybrid-Synthesizer zur Erzeugung subharmonischer Klangstrukturen für Neue Klangkunst

 

Definition und Hauptmerkmale des Subharchords  [01]

 

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Subharchord II
© Foto: RFZ, Dummer – Sammlung Gerhard Steinke

 

Grundprinzip

„Hybrid-Synthesizer“ sind elektronische Klangerzeuger, bestehend aus einer Kombination von Funktionsgruppen zur analogen und digitalen Signalerzeugung und -verarbeitung.
Der Hybrid-Synthesizer Subharchord ist ein elektronisches Musikinstrument, welches insbesondere Untertöne (Subharmonische Töne) in die Klangerzeugung einbezieht.

Durch die Anwendung eines Tastenmanuals und eines übersichtlichen Bedienfeldes für Musiker und Komponisten ist er leicht spiel- und konfigurierbar.

 

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Neben einer Melodiestimme, die mittels subtraktiver Klangformung aus Kippschwingungen bei unterschiedlichen Wellen- und Impulsformen sowie speziellen Formantfiltern vielfältig variierbar ist, können bis zu vier subharmonische Untertöne zu einer mehrstimmigen Mixtur erzeugt werden. Die subharmonischen Frequenzen sind beliebig in den Teilungsverhältnissen 1/2 bis 1/29 kombinierbar und ermöglichen neuartige Klangstrukturen, wie sie in der Natur bzw. bei konventionellen Musikinstrumenten nicht anzutreffen sind. Sie inspirierten zum Namen „Subharchord“.
Die entstehende subharmonische Frequenzreihe ist das intervallgetreue Spiegelbild der bei konventionellen Klängen vorzufindenden Obertonreihe. Sie wurde bereits in den dreißiger Jahren von Friedrich Trautwein und Oskar Sala gefunden und im bekannten Mixtur-Trautonium von Sala 1952 erstmalig konsequent realisiert.

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Hans-Hendrik Wehding spielt auf dem Subharchord I
© Foto: RFZ – M. Dummer

Das Subharchord wurde im Hinblick auf einfache Spielbarkeit und Bedienung in erster Baustufe mit einem Tastenmanual (Klaviatur) im Umfang über drei Oktaven ausgestattet.

An dessen Stelle kann wahlweise auch ein sog. Glissando-Regler angeschaltet werden, um den Bereich von drei Oktaven stufenlos zu überstreichen.

Durch geeignete Frequenzteilung und Wahl der Einstellungen steht insgesamt ein Tonumfang von über zehn Oktaven zur Verfügung.

Die Primär-Tonerzeugung im (musikalischen) Frequenzbereich g3 – g6 erfolgt mittels eines Multivibrators, d.h. einer astabilen Kippstufe, als Steuergenerator (Kurztongenerator), dessen Ausgangsimpulse Kippschwingungen sind, die in einer nachfolgenden Triggerstufe in Rechteckschwingungen umgeformt werden. Diese dienen zur Ansteuerung von digitalen Frequenzteilern in binärer Funktionsweise.

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Geöffnete Frontseite des Subharchords II
© Foto: RFZ – M. Dummer

Der Steuergenerator wird in der gewünschten Tonhöhe entweder von (mindestens) einem Tastenmanual oder durch Berührungskontakt über ein (geplantes, aber nicht realisiertes) Bandmanual für eine nicht-temperierte Tonskala bzw. mittels eines Glissando-Reglers angeregt, und zwar mittels variabler Gleichspannung. Der eingesetzte Steuergenerator zählt somit zu den ersten VCO‘s= Voltage Controlled Oscillators auf diesem Gebiet.

Nach der Primär-Tonerzeugung erfolgt die binäre subharmonische Frequenzteilung der Ausgangsimpulse in den Verhältnissen 1:2, 1:4, 1:8, bzw. 1/2, 1/3, 1/4, 1/5, 1/6 usw. bis 1/29 mittels bistabiler Kippstufen. Es können bis zu vier (bei Bedarf auch mehr) unterschiedlich geteilte subharmonische Einzelstimmen (nach Trautwein) erzeugt und zu einem mehrstimmigen Mixturklang zusammengefasst werden.

Die Melodiestimmen werden mittels binärer Frequenzteilung und nachfolgender Umformung in Dreieck- bzw. Rechteckimpulse anschließend über entsprechende analoge Klangformungselemente generiert.

Die Tonhöhe der erzeugten Klänge und Tongemische kann mittels eines Vibrato-Generators rhythmisch bei regelbarem Hub verändert werden.

MEL-Filterbank, ausgebaut aus dem Subharchord als selbständige Einheit mit MIDI-Controller von Tonigenieur Georg Morawitz, im Studio der Akademie der Künste Berlin. © Foto: G. Steinke

Mit Hilfe einer neuartigen Anschlagsdynamik, d.h. einer vom Tastendruck bzw. Tastenhub abhängigen Lautstärkeregelung, ist eine freie Gestaltung des Toneinsatzes sowie An- und Abschwellen des Klanges möglich.
Eine Abklingeinrichtung verwandelt Dauertöne in Zupf- bzw. Schlagklänge. Die Dauer des Abklingvorganges und die Steilheit der Abklingkurve sind regelbar.
Die Klänge können ferner mittels einer Rhythmisierungseinrichtung in staccato-ähnliche Kurztöne umgewandelt werden.

Ein besonderes Merkmal des Subharchords ist das erstmalig in einem elektronischen Instrument realisierte Klangfarbenspiel. Hierbei werden mittels einer separaten, neben dem eigentlichen Spieltastenmanual liegenden, Klaviatur einzelne Filter einer Bandpass-Filterbank angesteuert, also „gespielt“, die nach der mel- Einteilung gemäß Vorschlag von J.A. Riedl aufgebaut wurde.

Weitere vielfältige und musikalisch interessante Klang- und Geräuschstrukturen können mittels eines Ringmodulators durch Modulation von stationären Tönen, externen Signalen (z.B. Sprache) oder Rauschsignalen über die Klaviatur oder per Glissando-Reglung erzielt werden.

Ein chorischer Effekt zur Klangverdichtung wird mittels eines speziellen Chormodulators erreicht, mit dem vier Primärsignale unterschiedlich bearbeitet und zu einem komplexen Ausgangssignal addiert werden.

 

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Ernst Schreiber mit dem Dresdner Komponisten Hans-Hendrik Wehding und der Regisseur und Produzent beim DEFA-Dokumentarfilmstudio Hans-Günther Kaden am Experimentalgerät, 1962
© Foto: RFZ, Dummer – Sammlung Gerhard Steinke

 

Hauptmerkmale

Die wichtigsten für Ernst Schreiber patentierten Hauptmerkmale des Subharchords sind:

die subharmonischen Frequenzteiler, mittels Verfahren zur Erzeugung subharmonischer
Frequenzen (DWP-DD-25634 v. 9.2.1960, mit R. Hänsel)

• die Abklingdynamik-Steuerung, mittels Verfahren zur Erzeugung von Abklingvorgängen (DWP-DD- 41510 v. 15.10.1964).

• der Einsatz eines Chormodulators zur Klangverdichtung, mittels Verfahren zur Erzeugung einer Tutti- bzw. Chormodulation (DWP-DD-23817 v. 8.4.1960).

die Anschlagsdynamik in Form einer druckabhängigen Lautstärkesteuerung, die mittels einer damals neuartigen Lichtsteuerung (durch Tastenhub kontrollierter Fotowiderstand) erreicht wird, wurde nicht patentiert; die von Schreiber gefundene Lösung ist jedoch erstmals in elektroakustischen Musikinstrumenten genutzt worden.
Insbesondere war das bisherige Fehlen einer speziellen Anschlagsdynamik bei Elektronischen Orgeln (speziell bei der untersuchten Polychord-Orgel von Harald Bode, 1952) ein wesentlicher Beweggrund, einen eigenen elektronischen Klangerzeuger aufzubauen, der keine klanglichen Nachteile aufgrund der Bedientechnologie mehr besitzt.

 

Ernst Schreiber stellt das Subharchord vor


Aus einer Kindersendung des Rundfunks der DDR

 

 

Zusammenfassung

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Geöffnete Rückseite des Subharchords II-04/68
© Foto: G. Steinke

Zusammenfassend sind somit zur analogen subtraktiven Klang-Formung, Klang-Transformation und Klang-Synthese folgende Einzel-Klangbausteine im Instrument vorhanden:
Umschaltbare Hoch- und Tiefpaß-Filter, Formant-Filter, Bandpaß-Filter nach der MEL-Skala für Klangfarbenspiel mittels speziellem Manual, sowie ein Ring-Modulator, ein Chor-Modulator, eine Rhythmisierungsstufe und eine Abklingstufe für Dauertöne. Diese Komponenten können über Sammelschienen bzw. Drucktasten organisch und variabel eingefügt werden.
Alle Bausteine zur Klangerzeugung, Klangformung und Klangsynthese wurden seinerzeit erstmalig in Halbleitertechnologie und in Form von Leiterkarten-Baugruppen in Einschubträgern in einem Designer-Spieltisch einsteckbar, leicht zugängig und auswechselbar untergebracht.

 

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Die Bezeichnung „Subharchord“ ist ein für Gerhard Steinke geschütztes Warenzeichen.
Das Signum stellt ein stilisiertes Posthorn dar, gestaltet von Gunter Wächtler im RFZ.

 

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WEITER: [02]  HYBRID-SYNTHESIZER „SUBHARCHORD“ – IM ZEITALTER VOR BODE- UND MOOG-SYTHESIZER
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Kapitelübersicht zum Subharchord

→ 00 Spiel mit Klangfarben
•  01 Definition und Hauptmerkmal des Subharchords
→ 02 Hybrid-Synthesizer „Subharchord“ – Im Zeitalter vor Bode- und Moog-Synthesizer
→ 03 Subharchord-Entwicklungsteam
→ 04 Verlauf der Subharchord-Entwicklung
→ 05 Standorte und Verbleib der Subharchord-Seriengeräte
→ 06 Geplante Weiterentwicklung des Subharchords
→ 07 Realisation elektroakustischer Kompositionen in Veranstaltungen
→ 08 Lautsprechersymbol-klein-1 Kompositionen und Experimente mit Subharchord
→ 09 Aktuelle Veranstaltungen mit Subharchord
→ 10 Rundfunksendungen und Literatur für Subharchord

 

Diese für rundfunkschaetze.de verfasste Kurzcharakteristik des Subharchords ist eine autorisierte Version der Subharchord-Team-Mitarbeiter Gerhard Steinke, Wolfgang Hoeg, Klaus Bechstein, Jürgen Meinel, Dr. Peter Fürst, Prof. Bernd Wefelmeyer, Georg Geike.
Einige Veröffentlichungen zum Subharchord unter www.subharchord.de stehen nicht in Übereinstimmung mit obiger autorisierter Darstellung und wurden hier nicht mit übernommen.

Verantwortlich für den Inhalt der hier folgenden Web-Seiten: Gerhard Steinke

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