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Chronik des Leipziger Rundfunkchores   Die Jahre 1933-1943

 

Heinrich Werlé

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Heinrich Werlé
Foto: MDR Rundfunkchor Chorarchiv

Als Heinrich Werlé im Sommer 1928 nach Leipzig kam, hatte er schon beachtliche berufliche Erfolge aufzuweisen.
Am 2. Mai 1887 im hessischen Bensheim als Heinrich Werle geboren, absolvierte er zunächst eine Lehrerausbildung am Seminar seiner Geburtsstadt und ging danach für zwei Jahre in den Schuldienst.
Von 1906 bis 1908 studierte er am Hoch’schen Konservatorium in Frankfurt am Main Musik und muss schon in dieser Zeit eine eigene Gehörbildungsmethode entwickelt haben, bei der neue Klangsilben zur Veranschaulichung von Tönen verwendet wurden.

„In mühevoller jahrzehntelanger praktischer Arbeit schuf er sich eine eigene Methode, bei der er die fortschrittlichsten erzieherischen und psychologischen Erkenntnisse berücksichtigte…
Ob es sich nun um neue Klangsilben, um die Art der Veranschaulichung der Töne, um Anregungen für die Erarbeitung rhythmischer und dynamischer Elemente, um die Ausgestaltung des Klangraumes und viele andere Fragen handelt, immer sind diese Vorschläge nicht am Schreibtisch, sondern in der praktischen Arbeit in der Schulstube entstanden“
,
sollte es später in einem Nachruf heißen.

1911 kehrte Werlé in den Schuldienst zurück. Carl Schuricht, ab 1912 städtischer Musikdirektor in Wiesbaden und später Gastdirigent unter anderem des Gewandhausorchesters und des Leipziger Sinfonieorchesters, hospitierte 1915 im Auftrage der hessischen Regierung in Werlés Unterricht. In seinem Gutachten schreibt er beinahe schwärmerisch:
Was ich aber in der kleinen Schule in Gustavsburg bei Herrn Werlé zu hören und zu sehen bekam, ist über alle Erwartungen weit hinaus, ja weit jenseits dessen, was ich für möglich gehalten hatte… Wenn jedes Mitglied unserer gemischten und Männerchöre das könnte, was bei Werlé jedes der dreißig zehn- bis zwölfjährigen Kinder im kleinen Arbeiterstädtchen Gustavsburg kann, so hätten wir ein Musikleben in Deutschland, das den herrlichen Gemütsanlagen unserer Nation entspräche…
Er [Werlé] ist … die glückliche und seltene Vereinigung von hervorragendem Talent, theoretisch-musikalisch-gesanglichem Können und praktischer Leistungsfähigkeit…Und er ist eine produktive Natur: seine Schriften, seine Liedbearbeitungen, seine Kompositionen beweisen es ebenso wie das kleine Wunder, das er in dem Chor seiner 30 Arbeiterkinder geschaffen hat, eines Chores, der mich derart begeistert hat, daß ich ihn in unseren Symphoniekonzerten im Kurhaus zu Wiesbaden auftreten lassen will.

Das Musikstudium setzte Werlé 1921/22 am Hoch’schen Konservatorium fort und legte 1922 in Berlin-Charlottenburg das Staatsexamen ab. Daneben war er nach eigenen Angaben im Raum Frankfurt und Mainz als Dirigent führender Chorvereine tätig, nebenberuflich beim Verlag B. Schott’s Söhne Mainz als Lektor mit der Herausgabe von Liederbüchern und Chorwerken befasst sowie als Kritiker und Mitherausgeber verschiedener Zeitschriften tätig.
Von 1923 bis 1928 wirkte er als Abteilungsleiter an der Städtischen Musikhochschule in Mainz und nebenberuflich als Dozent am Pädagogischen Institut Mainz bei der Technischen Hochschule Darmstadt. Am Rundfunk in Frankfurt hat er eigenen Angaben zufolge ab 1925 mitgewirkt.

Das Leipziger Musikleben muss Werlé besonders angezogen haben, denn schon im Jahre 1926 hatte er sich, wenn auch vergeblich, um die Nachfolge von Prof. Max Fest als Musiklehrer an der Leibniz-Oberrealschule bemüht.
Im Juni 1928 folgte er einer Berufung als Dozent für Musikerziehung an das Pädagogische Institut der Leipziger Universität. Hier baute er, so seine Angaben, den Männerchor und den gemischten Chor neu auf. Paul Groschopp (Jahrgang 1912), der in den dreißiger Jahren an diesem Institut unter anderem bei Heinrich Werlé studierte, berichtete dem Autor, dass sein Dozent hier nur Dirigent des Männerchores gewesen sei. Der Frauenchor des Instituts stand unter der Leitung des bekannten Leipziger Konzertsängers und Dozenten Paul Losse. Aus unerfindlichen Gründen sollen sich beide Chöre nie zu gemeinsamem Musizieren zusammengefunden haben.

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