Friedbert Sammler

 

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Friedbert Sammler (1886-1945)
Foto: Sammlung Rüdiger Koch

Friedbert Sammler wurde am 18. Dezember 1886 im sächsischen Mügeln geboren.
Erste musikalische Erfahrungen sammelte er als Chorknabe im Dresdner Kreuzchor. Während seines letzten Schuljahres bekleidete er die Funktion eines Chorpräfekten unter Kreuzkantor Oskar Wermann.
Nach dem Abitur studierte Sammler zunächst vier Jahre lang Theologie in Leipzig, um zu Ostern 1910 an das Leipziger Konservatorium zum Musikstudium im Hauptfach Gesang zu wechseln. Als Nebenfächer verzeichnet die Inskriptionsliste Klavier, Harmonielehre und Italienisch.
Von 1915 bis 1918 nahm er am Ersten Weltkrieg teil. Danach war er bis 1924 als Musiklehrer in Leipzig und Dozent am Konservatorium tätig.

Schon im Gründungsjahr des Mitteldeutschen Rundfunks wurde Sammler Mitarbeiter des Senders.
Die Adressbücher bezeichnen ihn treffend als Tonkünstler, denn sein charakteristischstes Merkmal war die Vielseitigkeit. So findet man seinen Namen als Sänger des Leipziger Männerquartetts im MIRAG-Programm und immer wieder als Pianisten.
Friedbert Sammler darf guten Gewissens als der am meisten beschäftigte Künstler des Leipziger Rundfunks vor 1945 bezeichnet werden.
Es verging kaum ein Tag, an dem er nicht am Sendeprogramm beteiligt war: Traten bekannte Instrumental- und Gesangssolisten auf, saß Sammler häufig am Klavier, die Sendereihen „Wir stellen uns vor“ und „Junge Künstler vor dem Mikrophon“ nennen ihn ebenfalls regelmäßig als Klavierbegleiter; suchte MIRAG-Kapellmeister Theodor Blumer für die Aufführung vierhändiger Stücke einen Partner, fiel seine Wahl auf Friedbert Sammler.
Wurde ein Cembalo-Solist, Continuo- oder Orchesterklavierspieler gebraucht – auch hier war es Sammler, der den Part übernahm.

 

Karl Straube mit dem Thomanerchor und Mitgliedern des Gewandhausorchesters während einer Kantaten-Übertragung im Neuen Gewandhaus

Karl Straube mit dem Thomanerchor und Mitgliedern des Gewandhausorchesters während einer Kantaten-Übertragung im Neuen Gewandhaus.
Friedbert Sammler sitzt am Cembalo ganz links außen. Von den drei Herren in der Reihe rechts oberhalb von Friedbert Sammler ist der rechtstehende Sänger vermutlich Horst Karl Hesse, der von 1946 bis 1949 den Rudnfunkchor leitete.

 

Bach: Kantate „In allen meinen Taten“ BWV 97

Bach-Kantaten-Label-for-webdaraus: Ihm hab‘ ich mich ergeben (8) Arie für Sopran
Ilse Kögel, Sopran
Karl Münch, Violine
Rudolf Kempe · Walter Heinze, Oboe
Günther Weigelt, Fagott
Max Fest, Orgel
Friedbert Sammler, Cembalo
Gewandhausorchester Leipzig

Thomanerchor Leipzig
Dirigent Karl Straube
Aufnahme: Live-Mitschnitt der MIRAG-Sendung vom 23. August 1931 im Grassi-Museum Leipzig
Originaltonträger: Rundfunkschallplatten von innen nach außen abspielend [unrestauriert]
Quelle: Logo-DRA-for-web-

 

In der noch von Alfred Szendrei angeregten Reihe der Sendung sämtlicher Bach-Kantaten durch den Thomanerchor unter Karl Straube saß Sammler immer am Cembalo.
Es sei kurz angemerkt, dass als Oboist dieser Kantatenaufführungen sehr häufig Rudi Kempe beteiligt war, der als Rudolf Kempe später ein bekannter Dirigent werden sollte.
DOKUMENTE ZUR MIRAG-SENDUNG DER BACH-KANTATEN

Erwähnt wurde schon, dass Friedbert Sammler in allen Phasen der Rundfunkchor-Entwicklung am Pult des Chores stand: in den Morgenfeiern mit der Leipziger Oratorienvereinigung, mehrfach in A-cappella-Sendungen mit dem Solistenchor und immer wieder als Dirigent auch des Chores des Reichssenders Leipzig. Es drängt sich dem aufmerksamen Betrachter und Kenner der Rundfunkchorpraxis die Vermutung auf, dass Friedbert Sammler eine Funktion innehatte, die heute als Chorassistent bezeichnet würde, dass er also auch Proben für die Chefs Szendrei und Weisbach abgehalten und Einstudierungen für andere Dirigenten betreut hat.
Als der Chor 1941 nach München abgeordnet wird, ist es Sammler, der den Chor dorthin begleitet.
Lautsprechersymbol-klein-1 AUFNAHMEN DES CHORES UNTER DER LEITUNG FRIEDBERT SAMMLERS

Noch im Frühjahr 1945 wird der beinahe 60-jährige eingezogen, gelangt nach Russland, wird hier zum Intendanten eines Minsker Soldatensenders ernannt, gerät im Frühjahr in Gefangenschaft und kommt in ein Internierungslager auf den Rheinwiesen bei Bad Kreuznach, in dem die amerikanische Besatzungsmacht Zehntausende von Kriegsgefangenen unter katastrophalen hygienischen Bedingungen interniert hatte.
Es ist tragisch zu nennen, dass dieser hoch begabte, vielseitige Künstler die Strapazen der Gefangenschaft nicht überlebt hat. Er stirbt kurz nach dem Kriegsende, am 24. Juli 1945, in Bad Kreuznach.
Sein Grab befindet sich auf der Kriegsgräberstätte Königstein-Falkenstein im Taunus.

Rüdiger Koch

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