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Chorreisen

 

 

 

Wie für jedes künstlerische Ensemble, hat die Gastspieltätigkeit auch für einen Chor viele positive Effekte. Tourneen ins Ausland sind nicht nur Höhepunkte, die sich aus dem Alltag herausheben. Sie sind sowohl anspornende Ziele als auch die Möglichkeit, sich auf dem internationalen Parkett zu beweisen. Insofern wirken sie als Katalysator für die künstlerische Arbeit auch in der Heimat.

In den Zeiten des DDR-Rundfunks besaßen Chor- und Orchestermitglieder von Spitzenensembles das Privileg, in das sogenannte NSW, also das nicht sozialistische Wirtschaftsgebiet – zu reisen. Jedoch im Gegensatz zu den Klangkörpern des Berliner Rundfunks, wurden die Musiker und Sänger aus Leipzig deutlich seltener gen Westen – und dazu zählten auch die Bundesrepublik Deutschland und Westberlin – geschickt. Deshalb forderten die Vorstände des Chores immer wieder vom DDR-Rundfunk, auch den Leipziger Rundfunkchor ins Ausland reisen zu lassen.

Im Rechenschaftsbericht des Jahres 1964 stellte Rudi Wünsche fest:
„Nur zu gern hätten wir freilich jenseits der Grenzen persönlich wieder einmal Zeugnis von unserer guten Arbeit gegeben. Sie braucht keine Vergleiche zu scheuen. Wir haben ja schon beste Auslandsarbeit geleistet, wir sind erprobt. Man blättere nur einmal die Jahre zurück, und sehe sich an, was das Ausland damals über unsere Arbeit sagte, welch enormen Erfolg unsere Reisen in kulturpolitischer Hinsicht hatten. Aber das wird ignoriert und scheint nicht zu interessieren. Jedenfalls wurden wir, wie wir gerade in letzter Zeit sehr nahe feststellen mussten, trotz aller unserer Bemühungen bewußt beiseite gestellt – übergangen.“

Sechs Jahre später hatte sich kaum etwas an dieser Situation geändert:
„Wie auf eine leistungsgerechte Bezahlung wartet der Chor auch trotz aller Beweise seiner künstlerischen Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit immer noch auf Auslandsreisen. Es ist niederdrückend für uns, sehen zu müssen, wie alle möglichen Orchester und Chöre auf Konzertreisen gehen, und unserem Chor, der jede Gewähr für ein erfolgreiches Abschneiden bietet, keinerlei Möglichkeit geboten wird, ja dass selbst Anforderungen der Ablehnung verfallen. Wie zur Gehaltsfrage erwarten wir auch in dieser Angelegenheit von unserer Berliner Leitung ehestens eine ganz konkrete Stellungnahme.“

Erst Ende der 1980-er Jahre wendete sich das Blatt, wohl aufgrund der guten Beziehungen des Chefdirigenten Wolf-Dieter Hauschild zur zentralen Berliner Rundfunkleitung.

Ein Chor, ein Orchester, trägt natürlich auch den Namen Leipzigs nach außen und kann so als Botschafter der Stadt, der Region und sogar des gesamten Landes wirken. Dieser Eigenschaft bedient sich beispielsweise die Messestadt Leipzig. So begleitet der Oberbürgermeister nicht selten „sein“ Orchester in die Welt und nutzt es als Publicity-Instrument. Ähnlich agierte in der Endzeit des ostdeutschen Staates die DDR-Regierung. Sie setzte den Rundfunkchor Leipzig als Türöffner für bessere Beziehungen zu Israel ein.

Schließlich kann, um mit Matthias Claudius zu sprechen, jemand, der „eine Reise tut, was erzählen“.
Auch die Leipziger Rundfunkchor-Mitglieder hatten auf Reisen so manches Erlebnis: eine gezogene Notbremse, ein beinahe verpasstes Konzert, eine Schlammlawine auf der Autobahn …
Auch davon ist in den Reiseberichten zu lesen:

 

2018

 
1.-5. Juni Antwerpen – Königin Elisabeth Saal
Amsterdam – Concertgebouw
23.-24. Juni Kloster Ebersbach
10.-14. September Bern – Münster
18.-24. September Stuttgart – Liederhalle
Freiburg – Konzerthaus
25.-29. November Frankfurt am Main

 

1980er Jahre

 
Oktober-November 1982 Japan
November 1982 England

 

1970er Jahre

 
1970 / 1971 / 1973 Endlich wieder auf Reisen: Paris, ČSSR, Wrocław, Italien
November 1976 So nah – so fern: in Westberlin und Bulgarien
Juni 1977 Festival de Musique de Strasbourg
September 1979 Paris
Oktober 1979 Kiew

 

1950er Jahre

 
Mai 1955 Stuttgart: Eine “9.” mit Schwierigkeiten
September 1956 Konkurrierende Musikfeste: Coburg – Eisenach
September 1957 ČSSR: Heller und junger Klang
September/Oktober 1957 Scandinavien: Internationale Musikszene
September 1958 Warschau: Wiedergutmachung • Kraków: Affront

 

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