Vom Sender Leipzig
zum Mitteldeutschen Rundfunk [XXII]
Chronik des Leipziger Rundfunkchores
von Rüdiger Koch

Der Rundfunkchor Leipzig im August 1991 auf der Bühne des Großen Festspielhauses Salzburg
Foto: Helmut Schaffler – Archiv des Leipziger Rundfunkchores
Der Reisesommer 1991:
Deutschland, Österreich, Italien, Frankreich XXII-06
Im Sommer des Jahres 1991 ist der Chor fast nur auf Reisen.
Nachdem Schreier bereits zu den Dresdner Musikfestspielen den Händelschen Messias in Mozarts Fassung mit der Staatskapelle und dem Rundfunkchor aufgeführt hatte, geht es im Juni für sieben Aufführungen dieses Werks in verschiedene Städt Deutschlands, Österreichs, Italiens und Frankreichs.
Diesmal spielt das Kammerorchester Carl Philipp Emanuel Bach.
Ohne nach Leipzig zurückzukehren, wird die Tournee Ende Juni mit einem Konzert des Requiems von Dvořák in Köln, gemeinsam mit dem Rundfunkchor Berlin und dem Gürzenich-Orchester, beendet.
Der designierte Kölner Orchesterchef James Conlon widmet die sehr eindrucksvolle Aufführung seiner Mutter, die kurz zuvor gestorben war.
Der Mitteldeutsche Rundfunk wird kommen
In Leipzig vollzieht sich währenddessen eine rasante Entwicklung:
Die Ministerpräsidenten der drei mitteldeutschen Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen verständigen sich auf einen Staatsvertrag zur Gründung des Mitteldeutschen Rundfunks.
Binnen weniger Tage passiert der Vertrag alle drei Landtage. Im Juni wählt der Rundfunkrat auf seiner konstituierenden Sitzung den Gründungsintendanten. Es ist der 47-jährige Dr. Udo Reiter, bislang Hörfunkdirektor des Bayerischen Rundfunks.
Salzburg: Vier Wochen mit Mozart und Beethoven
Im Sommer 1991 weilt der Leipziger Rundfunkchor drei Wochen lang in Salzburg.
In der Felsenreitschule ist er der Chor in John Neumeiers Ballett-Produktion Requiem nach dem Requiem von Mozart.
Zusammen mit der Staatskapelle Dresden unter Michael Tilson Thomas wird das Requiem fünf Mal aufgeführt.
Meinen herzlichen Dank für die ausserordentliche Zusammenarbeit an dem Requiem-Projekt in Salzburg.
Sie sind wunderbar!
Meine besten Wünsche
immer –
John Neumeier
Salzburg, 8. 8. 1991
Unmittelbar im Anschluss daran erklingt im Großen Festspielhaus in zwei Konzerten die Missa solemnis von Ludwig van Beethoven, das erste davon als Herbert-von-Karajan-Gedächtniskonzert.
Der Maestro, der 1970 die Meistersinger unter Beteiligung des Rundfunkchores aufgenommen und das Ensemble noch 1981 als „das Beste an Leipzig“ bezeichnet hatte, war zwei Jahre zuvor gestorben.
Die illustre Besetzung bestand aus den Wiener Philharmonikern unter James Levine, Cherly Studer (Sopran), Jessye Norman (diesmal Alt), Placido Domingo (Tenor) und Kurt Moll (Bass).
Euch allen meinen Dank für die wunderbare extraordinäre künstlerische Zusammenarbeit!
Alles Gute!
Unvergesslich
James Levine
Missa Solemnis, Salzburg, August 1991
HÖRPROBEN
Ludwig van Beethoven: Missa solemnis D-Dur op. 123
Gloria (Anfang)
Et vitam venturi (Aus dem Credo)
Cheryl Studer, Sopran ∙ Jessye Norman, Alt ∙ Placido Domingo, Tenor ∙ Kurt Moll, Bass
Wiener Philharmoniker ∙ Konzertmeister: Gerhart Hetzel
Rundfunkchor Leipzig, Einstudierung: Gert Frischmuth
Schwedischer Rundfunkchor ∙ Eric-Ericson-Kammerchor, Einstudierung: Gustav Sjökvist
Dirigent: Janes Levine
Konzertmitschnitt aus dem Großen Festspielhaus in Salzburg am 15. und 18. August 1991
Konzert der Salzburger Festspiele ∙ Herbert-von Karajan-Gedächtniskonzert
Bundeskanzler Helmut Kohl, der von seinem Urlaub am Wolfgangsee aus zusammen mit seiner Frau Hannelore zum Konzert gekommen war, begrüßt den Chor danach am Bus und trägt sich in das Chorgästebuch ein.
Viele Chormitglieder hatten ihre Familien mit in die Stadt an der Salzach gebracht, denn der Sommerurlaub war 1991 wegen der vielen Aufgaben erheblich begrenzt.
Kapitelübersicht
→ XXII-01 | „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“: Die Leipziger Rundfunkmusik vor dem Aus! |
→ XXII-02 | 1990/1991 – Die erste Spielzeit nach der Abwicklung des DDR-Staatsfunks: Rundfunkchor und Sinfonieorchester als Spielbälle der Politik |
→ XXII-03 | Der Rundfunkchor Leipzig im Zentrum des Vereinigungsprozesses |
→ XXII-04 | Neue Kreativität bei Sachsen Radio ./. neuer Zentralismus in der „Einrichtung“ |
→ XXII-05 | Warum Chefdirigent Frischmuth kein Opfer des Vereinigungsprozesses werden durfte |
• | Der Reisesommer 1991: Deutschland, Österreich, Italien, Frankreich |
→ XXII-07 | Spielzeit 1991/92: Von Sachsen Radio zum Mitteldeutschen Rundfunk |
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