Weihnachten mit dem Leipziger Rundfunkchor

Herbert Kegel mit dem Rundfunkchor Leipzig und Mitgliedern des Rundfunk-Sinfonieorchesters im Sendesaal des Funkhauses in der Leipziger Springerstraße, 1956.
Auf dem Foto sind mit Peter Schreier [zweiter von links in der letzten Reihe] und Hermann Christian Polster [zweite Reihe rechts außen] auch später prominente Sänger zu sehen.
Die Treppe im Hintergrund führte zum Regieraum.
Foto: MDR-Orchesterarchiv – Foto Erdmann
Muntere und Schmetternde Töne
Die Studioproduktion der weltlichen Kantate Johann Sebastian Bachs „Auf, schmetternde Töne der muntern Trompeten“ (BWV 207a) von Juni 1950 ist die erste Aufnahme eines bachschen Werkes unter Mitwirkung des Leipziger Rundfunkchores.
Schon in den 1920er Jahren, also vor der Möglichkeit von Tonaufzeichnungen, führte Alfred Szendrei mit der von ihm gegründeten Leipziger Oratorienvereinigung – so der damalige Name des Leipziger Rundfunkchores – mehrfach das Weihnachtsoratorium, die Johannespassion sowie zahlreiche Kantaten des Thomaskantors auf.

Herbert Kegel mit Damen des Rundfunkchores Leipzig, Mitte der 1950er Jahre
Foto: Archiv des Leipziger Rundfunkchores – Fotograf nicht bekannt
Herbert Kegel nahm das Dramma per musica, wie das Werk im Original heißt, am 29. Juni 1950 auf, also am Ende seines ersten Jahres als Leiter des Leipziger Rundfunkchores. Zuvor hatte er mit seinem Chor Opern und Operetten aufgenommen bzw. einstudiert sowie einige wenige A-cappella-Aufnahmen produziert. Ein Höhepunkt dieser seiner ersten Leipziger Spielzeit war eine Aufnahme des „Deutschen Requiems“ von Johannes Brahms. Aber Bach? War dessen Musik nicht eine Domäne des Thomanerchores? Der Anlass für das Entstehung der Aufnahme ist nicht schwer zu erraten, fand doch das 27. Bachfest der Neuen Bachgesellschaft vom 26. – 30. Juli 1950 in Leipzig statt. Auch wenn die Leipziger Rundfunk-Klangkörper nicht mit einem Konzert an diesem Festival beteiligt waren, konnte der Leipziger Rundfunk sein Orchester und seine Chor so zumindest über den Sender präsentieren.
Den Hörgewohnheiten des 21. Jahrhunderts mag die Kegelsche Interpretation der Bach-Kantate fremd, schwerfällig und wenig „bachisch“ vorkommen, doch für die Mitte des vergangenen Jahrhunderts ist zumindest beachtlich, wie sehr sich Herbert Kegel um Phrasierung bemühte und die Koloraturen mit dem Chor deutlich herausarbeitete, vielleicht etwas „nähmaschinenartig“ und noch nicht in der perlenden Manier späterer Zeiten, aber dennoch genau.
Man bedenke, dass Ensembles, die sich einer historischen Aufführungspraxis verpflichtet fühlten, erst in der Mitte der 1950er Jahre gegründet wurden: die Cappella Coloniensis 1954 und der Concentus Musicus Wien 1957 mit seinem Leiter und Initiator Nikolaus Harnoncourt.
Die Aufnahme ist ein Tondokument ihrer Zeit und zeigt, dass sich die die Leipziger Rundfunk-Klangkörper 1950 noch in einer Aufbauphase befanden. Probleme im Zusammenspiel des Orchester und der Intonation (Trompeten!) sind ebenso wenig zu überhören wie mangelnde Homogenität besonders der Männerstimmen des Chores, der am Ende von Kegels erste Spielzeit wohl noch keine 40 Mitglieder stark war.
Als historisches Tondokument verdient es diese Aufnahme, nicht vergessen zu werden:
Johann Sebastian Bach:
Dramma per musica „Auf, schmetternde Töne der muntern Trompeten“ BWV 207a
Textdichter: Christian Friedrich Henrici (1700-1764)
Eingangschor und Schlusschor
Dramma per musica zum Namenstage des Königs August III., Kurfürsten von Sachsen am 3. August (1734)
Rundfunkchor Leipzig
Rundfunk-Sinfonieorchester Leipzig
Dirigent: Herbert Kegel
Aufnahme am 29. Juni 1950 im Funkhaus Springerstraße
Eingangschor
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Schlusschor August lebe, Lebe, König! O Augustus, unser Schutz, Sei der starren Feinde Trutz, Lebe lange deinem Land, Gott schütz‘ deinen Geist und Hand, So muss durch Augustus‘ Leben Unsers Sachsens Wohl bestehn, So darf sich kein Feind erheben Wider unser Wohlergehn. |
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