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Rundfunk-Alltag in der DDR [XIII]

Chronik des Leipziger Rundfunkchores

von Rüdiger Koch

 

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Chorauftritte zu politischen Anlässen und vor politischen Gremien:
Hier vermutlich am 5. Oktober 1964 während der Festsitzung des Bezirkstages in der Leipziger Kongresshalle
Foto: Album Gleisberg

 

 

Brüder, seht die rote Fahne

 

Weise nach dem amerikanischen Lied „Hold the fort“
Bearbeiter Musik: Otto Williger
Textdichter: Edwin Hoernle
Rundfunkchor Leipzig
Dirigent: Dietrich Knothe
Aufnahme: Rundfunk der DDR, Sender Leipzig, Sendesaal in der Leipziger Springerstraße, 1967

 

 

Der Leipziger Rundfunkchor im Geflecht gesellschaftlicher Strukturen  XIII-01

Der FDGB

Wie alle Betriebe und Arbeitskollektive war auch der Rundfunkchor Leipzig in das politisch-gesellschaftliche System der DDR eingebunden. Unter den heutigen, demokratischen Verhältnissen werden die durchaus gegensätzlichen Positionen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch das Betriebsverfassungsgesetz, das Bundespersonalvertretungsgesetz und Tarifverträge geregelt.

In der DDR war das anders: Im Selbstverständnis der sozialistischen Gesellschaft bestand kein Gegensatz zwischen den Betriebsleitungen und den Werktätigen. Wenn die Betriebe und Einrichtungen volkseigen waren, arbeiteten die Werktätigen in ihren eigenen Unternehmen. Die Werktätigen mussten also, zumindest theoretisch, daran interessiert sein, möglichst viel und effektiv zu arbeiten.

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Etwa 98 Prozent der Werktätigen in der DDR waren in der Einheitsgewerkschaft, dem FDBG, organisiert. Jeder Betrieb besaß seine Betriebsgewerkschaftsleitung (BGL), die sich in einzelne Gewerkschaftsgruppen gliederte.
So stellten auch die Mitglieder des Rundfunkchores eine eigene Gewerkschaftsgruppe dar, der eine in zweijährigem Turnus gewählte Gewerkschaftsgruppenleitung (GGL) vorstand.

Laut Statut und Name war der FDGB zwar eine freie Gewerkschaft, hatte aber die führende Rolle der Arbeiterklasse und ihrer Partei, der SED, anzuerkennen. Das führte die gewerkschaftliche Freiheit von vornherein ad absurdum. Die ideologischen Richtlinien und grundsätzlichen Planungen beschloss das Politbüro der SED, dem auch der Chef des FDGB angehörte.
Die Umsetzung oblag dem Ministerrat mit den nachgeordneten Fachministerien und anderen Einrichtungen, wie dem Staatlichen Rundfunkkomitee.

„Die SED beschloss, die Regierung setzte um, der FDGB hatte für die entsprechende Arbeitsmoral bei den Werktätigen zu sorgen.“ Mit dieser Formel ließe sich das Arbeitsleben in der DDR etwas vereinfacht zusammenfassen.
Dem Staatlichen Rundfunkkomitee waren die Regionalsender und die 1973 gegründete Hauptabteilung Musik nachgeordnet. Der Hauptabteilungsleiter Musik hatte sein Büro in Berlin, sein Stellvertreter aber saß in Leipzig. Den Dienst zu planen und zu organisieren war in Leipzig die Aufgabe des stellvertretenden Chefproduzenten und seiner Mitarbeiter. Die Ansprechpartner der Gewerkschaftsgruppenleitung (GGL) des Chores – später auch unter der Bezeichnung Arbeitsgruppenleitung (AGL) – waren auf Seiten der staatlichen Leitung der stellvertretende Chefproduzent und der stellvertretendem Hauptabteilungsleiter.

In den folgenden Abschnitte der Chronik werden die vier Buchstaben FDGB zwar nicht sehr häufig genannt, dennoch sind die Strukturen und Richtlinien des Gewerkschaftsbundes bestimmend für viele Bereiche des Choralltags gewesen:
  Der Chorvorstand war ein gewerkschaftliches Gremium.
  Das Führen des Chortagebuches folgte einer Richtlinie des FDGB.
  Der sozialistische Wettbewerb war ein Instrument der Gewerkschaft.
  Um im Wettbewerb bestehen zu können, hatte der Chor Patenschaften zu Betrieben zu übernehmen, Schülerkonzerte zu veranstalten und Chorversammlungen abzuhalten.
  Der FDGB war einer der Ansprechpartner bei den langjährigen Bemühungen um eine Erhöhung des Gehalts.

→ WEITER: Die Gremien des Chores: AGL und KöAG


 

Kapitelübersicht

Kapitel-Startseite
Der Leipziger Rundfunkchor im Geflecht der gesellschaftlichen Strukturen
→ XIII-02
Die Gremien des Chores: AGL und KöAG
→ XIII-03  Rechenschaftsberichte – Die Kunst der subtilen Kritik
→ XIII-04 Gute Arbeit ./. Schlechte Arbeitsbedingungen
→ XIII-05 Fluch und Segen des sozialistischen Wettbewerbs
→ XIII-06 Geselligkeit
→ XIII-07 Der am schlechtesten bezahlte Rundfunkchor
→ XIII-08 Im Nebenberuf GGL/AGL-Mitglied
→ XIII-09 Hinter der Bühne: Die unsichtbaren Helfer
→ XIII-10 Der Einzelne und die Gemeinschaft
→ XIII-11 Staatsnah – und doch Staatsfern
→ XIII-12 Die „Drossel“. Gab es „Inoffizielle Mitarbeiter“ im Rundfunkchor?
→ XIII-13 Ein staatlicher Chor in kirchlichen Räumen

 

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