Die Ära Horst Neumann [X]
Chronik des Leipziger Rundfunkchores
von Rüdiger Koch

Kranzniederlegung durch die Sängerinnen und Sänger des Leipziger Rundfunkchores am 26. Oktober 1971 im Gedenken an die Opfer der NS-Greueltaten 1942 in Lidice.
Kranzträger: Dietmar Unger und Ehrenfried Schubert. Rechts in der zweiten Reihe: Horst Neumann.
1942 war das Dorf Lidice von den Sicherheitsbehörden der nationalsozialistischen Besatzungsmacht zerstört und nahezu alle männlichen Einwohner ermordet sowie Frauen und Kinder deportiert worden. Dieses Verbrechen fand als Teil der Racheaktionen nach dem Attentat auf Reinhard Heydrich statt.
© Foto: Archiv des Leipziger Rundfunkchores – Chortagebuch
Endlich wieder auf Reisen: Paris, ČSSR, Wrocław, Italien [X-8]
• Paris 1970:

Bericht über die Konzertreise nach Paris im „Neuen Deutschland“, 1970
Dokument: Archiv des Leipziger Rundfunkchores
Erleichtert klingen die Worte Wünsches im Rechenschaftsbericht von Januar 1972:
Es „ … gingen in dieser Berichtszeit endlich auch lange gehegte und sehr berechtigte Reisewünsche in Erfüllung:
Im September 1970 reisten 39 Mitglieder unseres Chores zusammen mit den Berliner Chören und dem Gewandhausorchester nach Paris, wo anläßlich des Beethoven-Jahres als Abschluß des Pressefestes der ‚Humanité‘ unter der Leitung von Kurt Masur die IX. Sinfonie von Ludwig van Beethoven zur Aufführung gelangte …
SLIDESHOW: Mitglieder der Rundfunkchöre Leipzig und Berlin vor dem Tourneebus, auf der Pressefestbühne der „Le Humanité“ und beim Betrachten des Konzertplakates in Paris
Fotos: Archiv des Leipziger Rundfunkchores
• ČSSR 1971:
Zu einem großen, aber auch mit ganz enormen Anstrengungen erkauften Erlebnis für den ganzen Chor … wurde die im Oktober 1971 durchgeführte Reise in die ČSSR.
In den 8 Tagen in der ČSSR absolvierte der Chor im Zusammenwirken mit dem SO unter Herbert Kegel 5 Konzerte, in denen er die As-Dur-Messe von Schubert sang.
Außerdem hatte der Chor unter der Leitung seines Dirigenten Horst Neumann noch zwei A-cappella-Konzerte zu bewältigen, in 8 Tagen also 7 Konzerte.
Eine, durch Unverständnis oder Rücksichtslosigkeit in der Planung, erzwungene Leistung, die im Hinblick auf die vielfach sehr langen Reisewege zwischen den Konzertorten besonders hoch zu bewerten ist …“.
• Polen 1973:
Auch zwei Jahre später konnte der Vorstandsvorsitzende wieder von Reisen berichten:
„Den absoluten Höhepunkt und das für uns alle insgesamt größte, nachhaltigste Erlebnis der hinter uns liegenden zweieinhalb Jahre stellt die Konzertreise vom 6. bis zum 16.Oktober 1973 nach Italien dar. Dieser großen Reise voran ging ca. einen Monat früher eine kurze Reise nach Wroclaw, in der uns eng befreundeten Volksrepublik Polen.
Im Rahmen des Festivals ‚Wratislavia Cantans 1973‘ fiel uns die schöne Aufgabe zu, in einem Konzert in der eindrucksvollen gotischen Magdalenenkirche in Zusammenarbeit mit unserem SO unter Leitung von Herbert Kegel den ‚Psalmus Hungaricus‘ von Kodaly und die Bruckner-Messe f-moll zu singen. Das Konzert machte unserem Namen im Freundesland Ehre und war ein schöner Erfolg.
Zoltán Kodály: Psalmus hungaricus, op. 13 für Tenor, gemischten Chor und Orchester 1953
Der Du Gericht hältst Schlußsatz
Solist: Ernst Kozub
Rundfunkchor Leipzig – Choreinstudierung: Horst Neumann
Rundfunk-Sinfonieorchester Leipzig
Dirigent: Herbert Kegel
Künstlerische Aufnahmeleitung: Gerhard Burgert
Aufnahme vom 19. Oktober 1953
• Italien 1973:

Programmhefte aus Treviso, Reggio Emilia, Rom und L’Aquilla
Dokumente: Archiv des Leipziger Rundfunkchores
Sofort nach der Rückkehr aus Wroclaw liefen die Vorbereitungen für die Italienreise an. Die Namen der Städte wurden genannt, in denen wir konzertieren sollten: Venedig, Treviso, Reggio Emilia, Turin, Prato, L’Aquila und abschließend mit zwei Konzerten Rom. Was verbindet sich mit all diesen Namen an Unvergeßlichem!! Schon der Flug brachte überwältigende Eindrücke. Sie steigerten sich mit dem Erleben der einmaligen Stadt Venedig. Wie aber würden wir mit unseren Konzerten, mit unseren Programmen, mit unseren Leistungen beim italienischen Publikum ankommen? Schon der große Erfolg nach unserem ersten Konzert in Venedig ließ uns erkennen, daß wir auch in Italien bestehen werden. Trotz der großen Anstrengungen, die solche Reisen immer mit sich bringen, sicher auch gehoben von den einmaligen Erlebnissen und Eindrücken in diesem herrlichen Land, entscheidend aber aus dem Wissen jedes Einzelnen um die große Verpflichtung unserem Staat gegenüber, erwuchsen Leistungen, die uns Erfolg um Erfolg brachten, auch bei dem anspruchsvollsten Publikum in Rom. Damit fand diese doch sicher sehr aufwändige große Reise ihre kulturpolitische Rechtfertigung, ihre Erfüllung, und wir, der Rundfunkchor Leipzig, hatten wieder einmal mehr zu solchem Erfolg für unser Land beigetragen.“
Gesungen wurde Beethovens 9. Sinfonie, die As-Dur-Messe von Schubert, Bartóks Cantata profana, Schönbergs Ein Überlebender von Warschau und La Victoire de Guernica des Schönberg-Schwiegersohnes Luigi Nono.
In jedem Konzert war das Publikum begeistert und entließ Chor und Orchester erst nach mehreren Zugaben.
„Kommt bald wieder“, rief die begeisterte Menge den Mitwirkenden in Reggio Emilia zu.
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Kapitelübersicht
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→ X-02 | Frischer Wind im Sender Leipzig |
→ X-03 | Sternstunden mit Mahler, Henze und Wagner |
→ X-04 | Weltliteratur der Chorsinfonik |
→ X-05 | Der „Dessau-Chor“ |
→ X-06 | Aufnahmen für den Rundfunk und die Schallplatte |
→ X-07 | Neue Möglichkeiten für Horst Neumann |
• X-08 | Endlich wieder auf Reisen: Paris, ČSSR, Wrocław, Italien |
→ X-09 | So nah – so fern: in Westberlin und Bulgarien |
→ X-10 | Der Rundfunkchor Leipzig – Ein gefragter Partner |
→ X-11 | Ära Neumann: Bilanz positiv |
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