Internationale Ausstrahlung: Schallplattenaufnahmen [IX]
Chronik des Leipziger Rundfunkchores
von Rüdiger Koch
Plattenaufnahmen – Ersatz für Reisen [IX-1]
Wer die Rechenschaftsberichte der Jahre 1961 bis 1970 liest, spürt, wie es den Chor geradezu nach Reisen ins Ausland dürstet.
„Nur zu gern hätten wir freilich jenseits der Grenzen persönlich wieder einmal Zeugnis von unserer guten Arbeit gegeben. Sie braucht keine Vergleiche zu scheuen. Wir haben ja schon beste Auslandsarbeit geleistet, wir sind erprobt. Man blättere nur einmal die Jahre zurück, und sehe sich an, was das Ausland damals über unsere Arbeit sagte, welch enormen Erfolg unsere Reisen in kulturpolitischer Hinsicht hatten. Aber das wird ignoriert und scheint nicht zu interessieren. Jedenfalls wurden wir, wie wir gerade in letzter Zeit sehr nahe feststellen mussten, trotz aller unserer Bemühungen bewußt beiseite gestellt – übergangen“, so Rudi Wünsche im Bericht des Jahres 1964.
Im Rechenschaftsbericht von Januar 1970 heißt es:
„Wie auf eine leistungsgerechte Bezahlung wartet der Chor auch trotz aller Beweise seiner künstlerischen Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit immer noch auf Auslandsreisen. Es ist niederdrückend für uns, sehen zu müssen, wie alle möglichen Orchester und Chöre auf Konzertreisen gehen, und unserem Chor, der jede Gewähr für ein erfolgreiches Abschneiden bietet, keinerlei Möglichkeit geboten wird, ja dass selbst Anforderungen der Ablehnung verfallen. Wie zur Gehaltsfrage erwarten wir auch in dieser Angelegenheit von unserer Berliner Leitung ehestens eine ganz konkrete Stellungnahme.“
Deutlicher konnte der Vorstandsvorsitzende Rudi Wünsche schwerlich werden.
Für den Rundfunkchor Leipzig sollte sich ab 1965 eine andere, sogar noch wirkungsvollere Möglichkeit ergeben, seine Leistungsfähigkeit auch international zu demonstrieren: die Mitwirkung an hochkarätig besetzten Schallplatten-Co-Produktionen mit westlichen Firmen.
Zwar gab es auch vorher schon Kontakte zu Ernst Buschs Label Lied der Zeit, dem späteren VEB Deutsche Schallplatten – neben Operetten-Produktionen spielte der Chor Weihnachtslieder und A-cappella-Werke unterschiedlicher Komponisten ein, nahm Händels Radamisto, Gersters Enoch Arden, die Chorfantasie und die 9. Sinfonie von Beethoven sowie Paul Dessaus Oper Die Verurteilung des Lukullus auf – allerdings handelte es sich dabei um Produktionen für den DDR-Markt oder den Ostblock.
Ludwig van Beethoven: Chorfantasie op. 80 (Ausschnitt) 1960
Solist: Günter Kootz
Gewandhausorchester Leipzig
Dirigent: Franz Konwitschny
Aufnahme: 29./30. August 1960 in der Kongresshalle Leipzig
Musikregie: Dieter-Gerhardt Worm
Tonregie: Claus Strüben
Konzertmitschnitt
Chorstärke: 60
Aus: ETERNA Et 8 26 002 (1970) sowie 250 Jahre Gewandhausorchester Leipzig · Berlin Classics 1993 . Bestellnr.: BC 0020772
Christliche Weihnachtslieder
In dulci jubilo
Es ist ein Ros entsprungen
Vom Himmel hoch
O, du fröhliche
Großer Rundfunkchor Leipzig
Dirigent der Weihnachtslieder-Aufnahmen: Dietrich Knothe
Aufnahme: 13. und 14. April 1958
Aus: ETERNA Et 520184
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Schallplatten-Co-Produktionen der 1960er und 1970er Jahre
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→ IX-03 | Stardirigenten vor dem “Schallplattenchor” |
→ IX-04 | Herbert von Karajan: “Das Beste an Leipzig ist der Rundfunkchor” |
→ IX-05 | Chorvorstände als “Manager” |
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