Musik für den Kino-Film [VI-04]
Chronik des Leipziger Rundfunkchores
von Rüdiger Koch

Kinoprogrammheft zum Film „Lied der Ströme“ mit Musik von Dmitri Schostakowitsch, 1954
Dokument: Sammlung Rüdiger Koch
Mitte der 1950er Jahre wird auch die DEFA auf die Klangkörper des Leipziger Rundfunks aufmerksam.
Zwar besaß die DEFA ein eigenes von Karl-Ernst Sasse geleitetes Orchester – aber keinen Chor.
Wie der Kontakt zustande kam, ist nicht bekannt. Möglicherweise hat der Stellenwert, den die modernen Musik im Leipziger Rundfunk einnahm, Chor und Orchester für eine Tätigkeit beim Film empfohlen, schrieb doch Dimitri Schostakowitsch für den ersten großen Film unter Mitwirkung der Leipziger Klangkörper die Musik.
Möglicherweise war es auch praktischer und kostengünstiger, Filmmusik an dem Ort aufzunehmen, an dem Orchester und Chor beheimatet waren.
Lied der Ströme hieß dieses eineinhalbstündige Filmpoem, das „die politische Kraft der internationalen Gewerkschaftsbewegung und die Bedeutung des III. Kongresses des Weltgewerkschaftsbundes 1953 in Wien mit den Mitteln des poetischen Dokumentarfilms“ gestaltete.
Am Pult von Rundfunkchor und -Sinfonieorchester stand Walter Raatzke.
Im September wirkt der Chor bei der Premiere des Films im Berliner Filmtheater Babylon mit.
Raatzke dirigiert ebenfalls die Musik für die Porträtfilme Friedrich Schiller (1956) und Martin Andersen Nexö (1960) sowie für den Dokumentarfilm Frei wird der Bauer in unserem Land (1955).
Bemerkenswert ist auch die Einspielung der Musik für den zweiteiligen Dokumentarfilm Das russische Wunder durch die Leipziger Rundfunk-Klangkörper (1962).
Paul Dessau hatte die Musik geschrieben und dirigierte sie auch selbst.

Kinoprogrammheft zum Musikfilm „Die schöne Lurette“ nach Jecques Offenbach, 1960
Dokument: Sammlung Rüdiger Koch
Stammten die genannten Filme aus dem DEFA-Studio für Wochenschau und Dokumentarfilme, wurden die Spielfilme Fetzers Flucht (1962) und Nackt unter Wölfen (1963) sowie der Musikfilm Die schöne Lurette (1960), nach der Operette von Jacques Offenbach, vom DEFA-Spielfilmstudio produziert.
In der Lurette musiziert der Chor zusammen mit dem DEFA-Orchester unter Karl-Ernst Sasse.
Nach dem Bau der Berliner Mauer 1961 im Giftschrank verschwunden
Dem Film Fetzers Flucht liegt die bereits 1955 entstandene gleichnamige Funk-Oper zugrunde.
Der Text stammte von Günter Kunert, die Musik von Kurt Schwaen.
„Das Werk wird viel besprochen, führt bei den staatlichen Verantwortlichen zu umstrittenen Diskussionen.
Auf Betreiben von Lotte Ulbricht, der Ehefrau von Walter Ulbricht, wird der Film scharf angegriffen und im Blick auf seine formelle Erzählweise unter dem Streitpunkt ‚Formalismus‘ abgelegt“ – also nicht mehr gezeigt und somit faktisch verboten.
Kurt Schwaen: Fetzers Flucht (Funkoper) 1955/1959

Eintrag im Arbeitsbuch des Chorvorstandsmitglieds Herbert Feller
zur Produktionsbesetzung der Funkoper „Fetzers Flucht“
Dokument: Archiv des Leipziger Rundfunkchores
Funkoper von Günter Kunert – Musik Kurt Schwaen
daraus: “O Deutschland, wach’!” (Chronist: Peter Schreier)
“Tag und Nacht fahren Eisenbahnen” (Chor)
“Nicht mehr weit ist die Grenze”
“Achtung, aufgepasst!” (Chor, Tenor-Solo, Sprecher)
Fetzer – Gerhard Eisenmann
Wächter – Kurt Seipt
Geza – Irmgard Arnold
Agent – Fritz Steffens
Chronisten: Günther Grabbert (Sprecher) und Peter Schreier (Tenor)
Rundfunk-Kammerorchester Leipzig
Mitglieder des Rundfunkchores Leipzig (25 Chormitglieder)
Musikalische Leitung: Heinz Rögner
Aufnahme: Sender Leipzig Funkhaus Springerstraße RV am 14. März 1959
Die Leipziger Bänder der Aufnahme wurden gelöscht!
Toningenieur: Gerhard Müller – Tonmeister: Eckart Schönberg
Aufnahmeleitung und Regie: Walter Zimmer
Quelle:
Wenig später sollte auch der Rundfunkchor mit der fristlosen Entlassung seines Leiters Dietrich Knothe repressive Eingriffe staatlicher Stellen zu spüren bekommen.
→ WEITER: [VI-05] DER “PROVOKATUER” KNOTHE
Themen
→ VI-01 Chor-Chefdirigent Kegel
→ VI-02 Chorleiter Knothe
→ VI-03 Hochkarätige Gäste
• VI-04 Musik für den Kino-Film
→ VI-05 Der “Provokateur” Knothe
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