Die Anfänge des Landessenders Dresden nach 1945

 

Uebertragungswagen vor Villa Renner www

Übertragungswagen des Landessenders Dresden
mit umgebauten „Dora“-Magnetophonen und Metall-Bandspulen (für 10 min. Aufnahmedauer).
Das Foto entstand vor dem Funkhaus in der ehemaligen Villa Renner im Jahr 1945
© Foto: Sammlung Gerhard Steinke

 

 

Seiteninhalt

Ankündigung des Sendestarts in Dresden für den 12. september 1945  Erinnerungen des Kulturchefs Ulli Busch
→  Erinnerungen des Toningenieurs Gerhard Steinke
  GALERIE Der Sendebetrieb
  Die ersten Nachkriegsaufnahmen Landessenders Dresden

 

Sender Dresden Sprecherin Villa Renner www

Der Landessender Dresden mit jungen Stimmen: Im Sprecherraum des Landessenders Dresden, 1945
© Foto: Sammlung Gerhard Steinke

 

Eine „Tönende Funkillustrierte“ und knurrende Mägen …

Sender Dresden Ulli Busch Theo Lingen www

Der Kulturchef Richard Hahnewald, alias Ulli Busch, im Studiogespräch mit Theo Lingen, 1945
© Foto: Sammlung Gerhard Steinke

Der ehemalige Kulturchef Richard Hahnewald, alias Ulli Busch, hielt seinen Erinnerungen in einem Zeitungsartikel der „Sächsischen Zeitung“ fest:

„Nach dem Provisorium in Obergorbitz bezog man das erste eigene Haus, die ehemalige Villa eines Dresdner Kaufhausbesitzers in der Tiergartenstraße.

Aus dem Speisezimmer zauberten wir einen Senderaum für musikalische Sendungen.
Aus dem ehelichen Schlafgemach einen Sprecherraum.
Aus dem Wintergarten schufen wir uns mit eigenen Händen – durch Ziegeabklopfen und Mörtelrühren – einen Regieraum.
Noch waren die Wände nicht ganz trocken, so gingen schon die ersten Sendungen über den Äther.
Und da es eine Dresdner Sendung sein sollte, begannen wir mit der Übertragung einer Oper (‚Hoffmanns Erzählungen‘).

Einzelne Szenen aus klassischen Werken folgten, dargeboten von ersten Kräften unseres Schauspiels, das damals in Dresdens Kulturscheune, dem Kurhaus Bühlau residierte (Semperoper Edition Vol. 1).
Namen wie Erich Ponto, Paul Hoffmann, Walter Kottenkamp, Alfons Mühlhofer, Wolf Goette waren die ersten, die vor einem Mikrophon standen, obwohl wir ihnen kein Honorar zahlen konnten.

Nach diesen Anleihen am Theater folgte der erste bescheidene Schritt: Das Hörspiel „Der Thomaskantor“.
Die erste bunte Sendung wurde gestartet, es war eine ‚Tönende Funkillustrirte‘, deren Plakat noch in meiner Wohnung als Erinnerung hängt.

Funkhaus-Dresden-Tiergartenstrasse-36-for-web

Das erste Dresdner Funkhaus nach 1945 in der Tiergartenstraße 36
Foto: Sammlung Gerhard Steinke

Selbstverständlich wurden auch die ersten Sendeerfolge gefeiert.
Ich erinnere mich an Röstbrot mit Tomatenmark, das als Tatar bezeichnet wurde. Dazu gab es Molkenbowle.

Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens waren unsere täglichen Gäste im Funkhaus. Der erste Dresdner Oberbürgermeister nach dem Kriege, Dr. Friedrichs, ist mir in steter Erinnerung, wenn er in souveräner Ruhe am Mikrophon saß, oder der temperamentvolle Kurt Fischer, später Innenminister von Sachsen. Mit (dem Rundfunkintendanten) Otto Buchwitz diskutieretn wir oft heiß, weil wir glaubten, daß alles schneller gehen müßte.“

  zurück zum Seiteninhalt


 

Wer machte die ersten Bandaufnahmen von der Staatskapelle Dresden?

Sie waren unvorstellbar bescheiden, die technischen Möglichkeiten für Aufnahmen und Übertragungen durch die am 7. Dezember 1945 in Dresden neugegründeten Mitteldeutsche Rundfunk-Gesellschaft.

Verfügbar für den Sendebetrieb war damals lediglich ein umgebautes Wehrmachts-Tornister-Magnetbandgerät, das – neben dem Abspiel von Schallplatten – auch zur Sendung von den wenigen noch vorhandenen Magnetbandaufzeichnungen genutzt wurde.

Einer der letzten Zeitzeugen ist der Rundfunkpionier Gerhard Steinke. An seine ersten Berufsjahre im Dresdner Funkhaus erinnert sich der damals als Toningenieur eingestellte, heute über Achtzigjährige Audiofachmann, noch sehr genau. Und er versichert sich seiner Aussagen so weit noch irgend möglich bei ehemaligen Rundfunkkollegen. Sein damaliger Mitstreiter war der Rundfunk-Messtechniker und Ü-Wagen-Techniker Gerhard Wosch:
„Ich kann mit Sicherheit sagen, dass 1946, als der Landessender zur Tiergartenstraße in die frühere Villa des Kaufhausbesitzers ,Renner’ umgezogen war, ein gewisser Erich Muschinsky als Privatmann vom Rundfunk Aufträge für Aufnahmen erhielt.“

Erste Rundfunktechnik des Senders Dresden Foto; Archiv Gerhard Steinke

Erste Rundfunktechnik des Senders Dresden, 1945
Foto: Archiv Gerhard Steinke

Muschinsky war von Haus aus Rundfunkmechaniker und ein genialer „Tüftler“.
Mit einem AEG-Magnetophon K4 (evtl. K6), das er von der nicht ausgebombten Firma Radio-Reißmann geliehen und später käuflich erworben hatte, entstanden die ersten Nachkriegs-Wortreportagen und Musikaufnahmen.
Letztere sowohl mit dem Dresdner Opernensemble im Kurhaus Bühlau als auch in der Tonhalle, wozu er seine Technik in einem alten PKW-Lieferwagen untergebracht hatte. (Semperoper Edition Vol. 1)

Gerhard Steinke und Erich Muschinsky, um 1947.
© Foto: Sammlung Gerhard Steinke

Erich Muschinsky wurde später von Gerhard Liebscher zur Firma „Ultraklang“ (Inhaber Claus Krieger), Dresden, vermittelt und baute für den Landessender nach Auftrag diverse Plattenabspielgeräte (PAG) mit Neumann-Abspieldosen (R5 o.ä.) sowie eigene Magnetband-Laufwerke 76,2 cm/s mit 3 Saja-Synchron- und Asynchron-Motoren und Drucktastensteuerung. Diese waren relativ leicht und mobil (ohne Gehäuse), mit separatem Verstärker V 47 oder Eigenbau. Auch veranlasste er die Herstellung von hochpräzisen Bandkernen (Bobbies) aus Aluminium-Guß, mit abgedrehter Randfläche für korrektes Anlegen des Tonbandes. Als die Fa. Ultraklang dann 1950 nach dem Westen ging (später Nairobi), blieb Muszinsky weiter in Dresden als Rundfunktechniker tätig und besorgte sich bei der Fa. Bogen (Lichterfelde) die Magnetköpfe und bei Radio-Conrad notwendige Bauteile, denn er baute weiter tontechnische Geräte für den jungen Sender Dresden. Die Technische Assistentin Evelyn Garten weiß zu berichten, dass Orchester-Aufnahmen und Mitschnitte aus der „Tonhalle“ und dem „Kleinen Haus“ über speziell eingemessene Post-Leitungen möglich waren. Und dass Raphael-Dieter Fuhrmann, beim Landessender Dresden als Elektromechaniker-Lehrling bis Mitte 1947 die ersten Tonleitungsverbindungen (seinerzeit noch als Modulationsleitungen“ bekannt) zum Hygienemuseum zog. Es wurden damals sogar auch schon direkte Leitungen zum MDR-Funkhaus Leipzig geschaltet und Sendungen aus Dresden in Thüringen und in Sachsen-Anhalt ausgestrahlt.

Gesendet wurde 1946 aber noch aus der Dresdner Villa „Renner“, Tiergartenstraße, wo im ersten Stock ein Magnetophon „Dora“ sowie ein Magnetophon „Cäsar“ (ehem. Diktier- und Tornistergerät) standen, und von Evelyn Garten bedient wurden. Der dazugehörige Regie- und Senderaum (Kontrollraum) lag im Erdgeschoß, wo zumeist der Toningenieur Max Rauschenbach die Sendungen „steuerte“.   weiter

Gerhard Steinke

RundfunkSchaetze.de bedankt sich bei den Radiopionieren der Nachkriegszeit – Heiner Döhler, Gerhard Steinke und Johannes Lieberwirth – für wertvolle Augenzeugenberichte, Informationen und Fotos.

  zurück zum Seiteninhalt


 

Der Landessender Dresden  1945

  zurück zum Seiteninhalt


 

Die ersten Nachkriegsaufnahmen des Senders Dresden ab 1945

Edition Semperoper Vol.1: Die Stunde Null - HP xxxxxx   →  Multimedia-Box Semperoper Edition Vol. 1: „Gott,welch dunkel hier“

  zurück zum Seiteninhalt


 

⇒  Der MIRAG-Nebensender Dresden · 1924 bis 1933
Recherchen des MDR-Radiojournalisten Tobias Knauf

⇒  Das neue Funkhaus im Hygienemuseum · 1946
Erinnerungen des damaligen MDR-Reporters Johannes Lieberwirth
und des damaligen MDR-Toningenieurs Gerhard Steinke