Suiten & -Ouvertüren für das Radio
Coverbild: „Flüchtige Bekanntschaft“
Zeichnung von Marcellus Schiffer (1892-1932), Tusche aquarelliert, um 1930
Der Dichter, Schriftsteller und Maler Marcellus Schiffer war der Ehemann der Chansonette Margo Lion und gehörte zum Freundeskreis um Mischa Spoliansky, Marlene Dietrich, Erich Kästner und Edmund Nick.
Original: Stiftung Akademie der Künste – Nachlass von Marcellus Schiffer im Archiv der Akademie der Künste, Berlin
→ CD-Inhalt
→ CD-Onlineshop und Hörbeispiele
→ Was ist „Rundfunkmusik“?
→ Franz Schreker: Gegenwart und Zukunft des Radios
→ Schreker: Kleine Suite für Kammerorchester
→ Toch: Bunte Suite
→ „Schafft neue Unterhaltungsmusik!“
→ Edmund Nick: Der andere Künneke
→ Künneke: Tänzerische Suite
→ VIDEO Künnekes „RadioMusik“ goes Hollywood
→ Ein Zwischenruf des Dirigenten Ernst Theis
→ Spolianskys „Charleston Caprice“
→ FOTOGALERIE Privatfotos aus dem Nachlass Spoliansky
→ Max Butting: Was es zu lernen gilt …
→ Butting „Erste Rundfunkmusik für Orchester“ op. 37
→ Mit op. 38 „den Nagel auf den Kopf getroffen!“
→ Buttings „Zweite Rundfunkmusik“, die „Heitere Suite“ op. 38
→ Braunfels‘ „Divertimento für Radio-Orchester“ op. 42
→ CD-Besprechungen
→ Alle CDs der Edition RadioMusiken auf einen Blick
Suiten & -Ouvertüren • Komponiert für das Radio
Orchester der Staatsoperette Dresden
Ernst Theis
CD1
Franz Schreker 1878 – 1934
Kleine Suite für Kammerorchester, 1928
1 Präludium
2 Marcia
3 Canon
4 Fughette
5 Intermezzo
6 Capriccio
“Dem Breslauer Sender gewidmet”
Uraufführung und Ursendung am 17. Januar 1929 unter der Leitung des Komponisten durch die „Schlesische Funkstunde“
Verlag: Universal Edition Wien
CD-Aufnahme: August 2006, Börse Coswig
Ernst Toch 1887 – 1964
Bunte Suite für Orchester, op. 48, 1928
7 Marschtempo
8 Intermezzo
9 Adagio espressivo
10 Marionetten-Tanz. Frisch
11 Galante Passacaglia
12 Karusell. Wirbelnd
Auftragswerk des Südwestdeutschen Rundfunks, Sender Frankfurt
Uraufführung und Ursendung am 15. Februar 1929
Verlag: Schott
CD-Aufnahme: August 2006, Börse Coswig
Eduard Künneke 1885 – 1953
Tänzerische Suite für eine Jazzband und großes Orchester, op. 26
Concerto grosso in fünf Sätzen, 1929
13 Ouvertüre. Tempo des Foxtrott
14 Blues. Andante
15 Intermezzo. Vivace
16 Valse mélancholique. Tempo Valse di Boston
17 Finale. Foxtrott
Auftragswerk der Funkstunde A.G. Berlin
Uraufführung und Ursendung am 29. September 1929, dem Vorabend der Eröffnung der Berliner Funkausstellung
Verlag: Otto Werde (Regina-Verlag)
CD-Aufnahme: April 2006, Börse Coswig
CD2
Mischa Spoliansky 1898 – 1985
1 Charleston Caprice für großes Orchester, 1930
Auftragswerk der Funkstunde A.G. Berlin, Abt. Unterhaltungsmusik
Uraufführung und Ursendung am 2. März 1930 in der „Berliner Funkstunde“
Ohne Verlag: unveröffentlichtes Manuskript aus dem Nachlass Spoliansky im Besitz der Akademie der Künste Berlin. Diw Materialherstellungwurde unterstützt durch den Mischa Spoliansky Music Trust.
CD-Aufnahme: August 2010, Alter Schlachthof Dresden
Max Butting 1888 – 1976
2 Sinfonietta mit Banjo op. 37. Erste Rundfunkmusik, 1929
Auftragswerk der Südwestdeutschen Rundfunkdienst A.G. „SWR“
Uraufführung und Ursendung am 5. Februar 1929
Verlag: Universal Edition Wien
CD-Aufnahme: August 2009, Lukaskirche Dresden
Heitere Musik op. 38. Zweite Rundfunkmusik. Für kleines Orchester, 1929
3 Ouvertüre
4 Bläserserenade
5 Virtuoses Stückchen
6 Tanz
7 Finale
Auftragswerk der Funkstunde A.G. Berlin
Uraufführung und Ursendung am 10. Januar 1930 in der „Berliner Funkstunde“
Verlag: Universal Edition Wien
CD-Aufnahme: Juli 2007, Börse Coswig
Walter Braunfels 1882 – 1954
8 Divertimento für Radio-Orchester op. 42, 1929
Auftragswerk des Westdeutschen Rundfunks
Uraufführung und Ursendung: 1929
Verlag: Universal Edition Wien
CD-Aufnahme: August 2011, Konzertsaal der Hochschule für Musik “Carl Maria von Weber” Dresden
BONUS
Mischa Spoliansky
9 Charleston Caprice in der Einrichtung als Konzertfassung von Ernst Theis
CD-Aufnahme: August 2010, Alter Schlachthof Dresden
Einige der „Radiomusiken“ lassen sich in den Werkverzeichnissen ihrer Urheber nicht nachweisen.
In einigen Fällen liegen die Kompositionen nur als Komponistenautographe vor.
Für Recherche-Unterstützung und Materialerschließung bedanken wir uns bei der Akademie der Künste, Berlin
Projektleitung: Dr. Steffen Lieberwirth MDR
Produzenten der Rundfunkproduktionen: Bettina Volksdorf und Dr. Jens-Uwe Völmecke MDR FIGARO I Stefan Lang DeutschlandRadio Kultur
Künstlerische Fachberatung: Uwe Schneider Staatsoperette Dresden
Künstlerische Aufnahmeleitung: Eric Lieberwirth
Technische Aufnahmeleitung: Christian Fischer [Künneke, Schreker, Toch, Haas, Butting op. 38] I Niklas Schminke [Butting op. 37] I Torsten Heider [Spoliansky]
CD-Onlineshop und Hörbeispiele
über alle bekannten Portale, wie beispielsweise iTunes I classics online USA I amazon I spotify I simfy

Ein typisches Foto für den Rundfunk-Sendebetrieb Ende der 1920-er Jahre:
Die Hauskapelle der Mitteldeutschen Rundfunk AG ist bereits spielbereit, während der Rundfunksprecher noch das Programm für die kommende Sendestunde ansagt. Das Foto entstand unmittelbar vor einer Liveübertragung im Großen Besprechungsraum der Alten Wage, dem Gründungssitz des Leipziger Senders. Für das Tagesprogramm griff die Musikredaktion gern auf die eigens für den Rundfunk geschriebenen „RadioMusiken“ zurück.
Foto: DRA
RundfunkMusiken
Ein radiogeschichtliches Klanglabor der Staatsoperette Dresden und MDR FIGARO sowie DeutschlandRadio Kultur
„Rundfunkmusiken“ waren Kompositionen, die von nahezu allen Sendegesellschaften bei den bekanntesten zeitgenössischen Komponisten mit dem Ziel in Auftrag gegeben wurden, einen Stil zu entwickeln, der den technischen Möglichkeiten des neuen Massenmediums angepasst sein sollten.
Auch Komponisten wie Eduard Künneke (dessen Musik einst sogar in den Sinfoniekonzerten der Berliner Philharmoniker gespielt wurde) oder Edmund Nick, die vornehmlich Unterhaltungsmusik schrieben (CD RadioMusik Vol. 1), gehören zu diesem Kreis.
Doch die Grenzen innerhalb dieser zeitgenössischer Musik sind fließend, wie die Namen zeigen, denn auch Kurt Weill, Paul Hindemith, Pavel Haas, Ernst Toch oder Franz Schreker, die als bedeutende Neuerer ihrer Zeit in die Musikgeschichte eingegangen sind, zählen zum angesprochenen Komponistenkreis.
Für das Vergessen dieser Musik sind in vielen Fällen die Verbote und Verfolgungen der jüdischen und politisch nicht konformen Autoren im Dritten Reich verantwortlich.
Diese Musikgattung entstand, als die deutsche Unterhaltungsmusik ihre letzte Blütezeit erlebte – bevor die Nazis auch diese verfälschten und ihr Ende einleiteten.
Die Rundfunkmusiken sind ein Schnittpunkt von Unterhaltungsmusik und verschiedensten Strömungen der zeitgenössischen Musik der Weimarer Republik. Sie zeigen kaum bekannte Facetten einer für das Lautsprecher-Publikum geschaffenen Musik, die ihre Kraft aus den Innovationen der eigenen Zeit nahm. Diese musikalischen Experimente, die für die Live-Übertragung durch nur ein einziges Mikrophon geschrieben wurden, kennen keine musikalischen Grenzen, Tanz und Jazz stehen neben klassischen sinfonischen Formen und avantgardistischen Neuerungen der Zeit.
Gegenwart und Zukunft des Rundfunks
„Radio – der ferne Klang ist für den Romantiker in allzu greifbare Nähe gerückt. Das Kind dieser Zeit empfindet anders: Poesie der Technik, Zauberkünste der Wissenschaft – man braucht kein Prophet zu sein, um Unbegrenztes an Möglichkeiten vorauszusagen.
Drahtlose Telegraphie des Lichtes, des Bildes – sie ist auf dem Wege, und in nicht allzu ferner Zukunft werden wir es erleben: Eine Oper, ein Schauspiel in unseren eigenen vier Wänden entstehen zu sehen, bildhaft sprechend, tönend. Das Radioopernhaus, das einzige das ohne Subventionen wird bestehen können, im glücklichen Besitz der besten Sänger, des besten Orchesters, einer Bühnentechnik, die sich alle Errungenschaften der Kinomathographie zunutze macht, sendet Musikaufführungen in die entlegensten Gegenden. Irgendwo im Gebirge, auf einer Insel, im Theatersaal eines Ozeandampfers leuchten, tönen die Wunder unserer Kunst, nur mehr Farbe, Licht, Klang, Elekrizität, Technik: das unerhörteste aller Wunder – und doch, wie lange wird es dauern, etwas Selbstverständliches, leicht erreichbar, wohlfeil, jedem zugänglich – kein Wunder mehr. Es ist herrlich, und ich beuge mich voll Bewunderung.
In einem stillen Winkel meiner Seele aber, wohin noch kein Radioklang gedrungen ist, nistet etwas wie geheime Angst. Bricht nicht die Maschine mit eisernen Fingern und geheimnisvollen Kräften nunmehr auch in unser Reich ein. In das Reich des Künstlers?
Mechanisierung der Kunst, Entzauberung einer Gottheit, eine Blüte ohne Duft und Reif. Es mag ein Aufstieg sein, irgendwo und irgendwann ist es ein Ende – Kunstdämmerung.
Franz Schreker
Schrekers „Kleine Suite für Kammerorchester“
Für den deutschsprachigen Rundfunk soll der 17. Januar 1929 eine historische Bedeutung erlangen: Alle deutschsprachigen Sender haben sich zusammengeschlossen, um gemeinsam und erstmalig in der Radiogeschichte eine sogenannte „arteigene Rundfunkkomposition“ auszustrahlen. Es ist die Uraufführung von Schrekers Radiomusik mit dem Originaltitel „Kleine Suite für den Rundfunk“. Vorgetragen von Musikern der Schlesischen Philharmonie unter Leitung des Komponisten am Dirigentenpult, übertragen aus dem technisch-sachlichen Breslauer Rundfunkstudio und anzuhören ausschließlich von Radiohörern in ihren heimischen Wohnzimmern, weshalb der Rundfunk dabei auch nicht von einer Uraufführung, sondern fachgerecht von einer „Ursendung“ spricht.
Folgerichtig war das Presse-Echo in den Radiozeitschriften und den Musik-Fachzeitschriften enorm. So berichtet Ernst Latzko, Leipzig für die „Februar-Rundfunkumschau 1929“ in „Melos“:
„Das bedeutsamste Rundfunkereignis im Januar 1929 war zweifellos die Ursendung der Kleinen Suite für Kammerorchester von Franz Schreker. Sicherlich schon wegen des Interesses, das der ersten Aufführung des jüngsten Werkes eines der repräsentativsten Musiker unserer Zeit verdient. Noch mehr aber aus prinzipiellen Gründen, denen hier unsere Beobachtung zuerst geschenkt werden soll:
Die Aufführung von Schrekers Suite gab nun Gelegenheit nachzuprüfen, wieviel von den [funkischen] Ideen in die Tat umgesetzt war. Kein Einsichtiger konnte sich verhehlen, daß sein bisheriges Schaffen, das vorwiegend der Gewinnung neuer Klangmöglichkeiten gewidmet war, Schreker nicht für Aufgaben prädestiniert erscheinen lassen konnte, bei der gerade dem Klang naturgemäß die geringste Rolle zukommen mußte. Auch die für viele seiner Werke charakteristische Hypertrophie in Ausdehnung, Stimmführung und Instrumentation war alles eher denn ein Beweis für eine besondere ‚Rundfunkeignung‘ Schrekers. Von ihr vermochte auch das neue Werk nicht nach allen Richtungen hin zu überzeugen. Gut war die Wahl der Suitenform, die dem im Rundfunk lebendigen Streben nach möglichster Komprimierung weit entgegenkommt. (…) Leider wird dieser Grundsatz der Knappheit und Sparsamkeit nicht auch bei der Instrumentation angewandt. Wenn schon im Allgemeinen zum Begriff der Kammerform auch ein kammermusikalisches, solistisches Musizieren gehört, so müßte das im Rundfunk ganz besonders der Fall sein. Trotzdem besetzt Schreker in seiner Suite die Streicher chorisch und gelangt mit den Bläsern, Harfe, Celesta, Klavier und reichem, im Rundfunk zum Teil problematischem Schlagzeug zu einem „Kammer“-Orchester von 50 Mitwirkenden. (…) Nach der vielversprechenden Introduktion erreicht das Werk im Canon entschieden seinen Höhepunkt. Hier vereinigen sich thematische Erfahrungen zu einem bemerkenswerten Resultat. Vor allem die weite Auseinanderlegung der imitierenden Stimmen, die Pizzicatobehandlung der freien Stimme und die dadurch erzielte Vermeidung von Kombinationstönen ermöglichte ein sauberes Rundfunkklangbild. Leider verhinderte schon in der Fughette die Dichte des polyphonen Gewebes eine solche durchsichtigkeit. Das Intermezzo ist ein fast impressionistisch anmutendes Spiel mit Klangeffekten, das durch sein Indenvordergrundstellen der Farbe und seine Vernachlässigung der Zeichnung für den Rundfunk so ungeeignet wie möglich ist. (…)
Der Kritiker des „Anbruch“ hingegen hält das Stück in seiner Instrumentierung für einfaches Holz mit Englischhorn, Saxophon und Kontrafagott, zwei Hörnern, Trompeten, zwei Posaunen, Tuba, Klavier, Harfe, Schlagwerk und Streichorchester für ebenso „reizvoll“ wie „klar“ und lobt dessen „geglückte Rundfunk-Funktion“.
In einer Angelegenheit aber sind sich Rundfunkredakteure, Rundfunktechniker und Komponisten einig: Die Suche nach der idealen „Radiomusik“ muss und soll weitergehen!
Tochs „Bunte Suite“
In der Serie der von den Sendegesellschaften bestellten „Rundfunkmusiken“ folgte im Februar 1929 die Uraufführung von Ernst Tochs „Bunte Suite“.
„Man bemerkt, wie die Suite sich immer mehr zur spezifischen Rundfunk-Form herausbildet. Die Buntheit resultiert aus Gegensätzen der Stimmung und der klanglichen Fassung. Ein Satz wird von Holzbläsern bestritten, ein anderer von den Streichern, ein dritter vom Blech, Klavier und Schlagzeug, ein vierter wird in Kammer- und die beiden übrigen in voller Orchesterbesetzung ausgeführt. Diese Abwechslung wirkt sich im Rundfunk entschieden günstig aus. Überhaupt ist in akustischer Hinsicht manches überraschend gut gelungen und im 1., 2., 4. Und 6. Satz wird die wünschenswerte Durchsichtigkeit der Stimmführung erreicht. Minder günstig ist die Bevorzugung hoher Lagen (besonders auffallend im 3. Satz) und die stellenweise zu enge Führung der Stimmen, die im 5. Satz die thematische Arbeit verwischt. (…)
Ausgiebig betont ist das tänzerische Element, das gleicherweise der Suitenform wie gegenwärtigen Strömungen entgegenkommt. (1. Satz: Marschtempo, 4. Satz: Marionettentanz, 5. Satz: Passacaglia, 6. Satz: Karussell).
Im letzten Satz ist das Problem einer Geräuschmusik mit Glück gelöst und der Rummelplatz in stilisierter Aussage wird vor den Ohren des Hörers lebendig. Im schärfsten Kontrast dazu die unterstrichene Tonalität und Empfindsamkeit des dritten Satzes. Alles in allem ein Werk, das im Spielerischen seine glücklichsten Wirkungen erzielt und, ohne bedeutend zu sein, schätzenswerte musikalische und funkische Qualitäten hat.“
Ernst Latzko, Leipzig; „Rundfunkumschau“ in „Melos“, März 1929
„Schafft neue Unterhaltungsmusik!“
„Das Anknüpfen an rhythmische Elemente moderner Tanzmusik und ihre Kontrastierung scheint gerade hier ein Weg zur Musikalität der Massen – dem eigentlichen Ziel des Rundfunks“, proklamiert der „Anbruch“ schon in seiner Februar-Ausgabe des Jahrganges 1929 resümierend.
Auch 1930 und in den Folgejahren bis 1933 vergeben die Rundfunkanstalten wieder Funkaufträge an die Komponisten. Aber erst jetzt sind die Intendanten der Sender stärker darauf bedacht, einen unterhaltenden Charakter im Radio zu forcieren:
„In der richtigen Erkenntnis, welche Musik uns nottut, ist der Ruf erschallt: Schafft neue Unterhaltungsmusik! Denn unserer sachlichen Zeit ist das hochgespannte Pathos des letzten Jahrhundert fremd geworden, (…).
Die Rezeption des Jazz in die symphonische Musik ist vollzogen. (…)“ schreibt der Musikchef des Breslauer Senders, Edmund Nick, und führt weiter aus: „Denn da ihm (dem Rundfunk) die Fähigkeit zu eigen ist, „sich an alle zu wenden, der große Mittler zu sein, gesellschaftliche und künstlerische Gegensätze auszugleichen, muß er die Kluft zwischen Kunstmusik und dem Volksbedürfnis zu überbrücken helfen, bis die ganze Vokabel „Unterhaltungsmusik“ in ihrem heutigen Sinne entbehrlich ist.“
Nun melden sich auch Komponisten des heiteren Genres zu Wort. Während Mischa Spoliansky, Wilhelm Grosz und Edmund Nick eher der jungen Avantgarde angehören, entstammt ein Mann wie der 1885 geborene Eduard Künneke noch der alten, romantischen Tradition. Seit seinem Welterfolg mit „Der Vetter aus Dingsda“ (1921) eher als „Operettenkomponist“ abgestempelt, liefert Künneke mit dieser Auftragskomposition den Beweis, dass er durchaus in der Lage ist, zeitgemäß zu schreiben.
Edmund Nick erinnert an „den anderen Künneke“
„Schon kurz vor dem ersten Weltkriege war der Name Eduard Künneke durch die Presse gegangen, als der greise Ernst von Schuch an der Hofoper in Dresden die komische Oper „Coeur As“, das Opus 2 des noch nicht dreißig Jahre alten Komponisten uraufgeführt hatte. Nach dem Friedensschluß von Versailles rückte dieser Künneke Jahr um Jahr mit einer neuen Operette heraus. Just die, die die Unglückszahl Opus 13 trug, sollte seinen Ruhm begründen und erhalten. Eine Nummer daraus, das Lied vom armen Wandergesellen, der so lieb Gute Nacht zu singen wußte, wurde ein Weltschlager von der besten Sorte. Dieser „Vetter aus Dingsda“ war schon Künnekes vierte Operette. Nun ließ er ihr noch weitere 21 folgen und vier Singspiele dazu. Den „Vetter aus Dingsda“ erreichte zwar keine mehr, aber in dem riesigen Oeuvre des Komponisten stehen herrliche, sorgfältig gearbeitete Stücke, die den Sängern anspruchsvolle Aufgaben stellen, von einem meisterhaften Satz, der das Entzücken aller Kenner erregt. Natürlich finden sich auch Versager und Nieten darunter, denen man die lustlose Arbeit anhört, routinemäßig ohne Inspiration zu Papier gebracht -, wenn sich in ihnen auch immer der große Könner verrät, der, wenn ihn die Lust dazu anwandelte, auch Klavierkonzerte oder Streichquartette zu komponieren verstand.Künneke war am Rhein geboren, ein Niederdeutscher also, und nicht gerade einer von der ganz leichtlebigen Sorte, wenigstens nicht in seiner Musik; eine Rarität schon darum, weil alle anderen Operettenkomponisten seiner Zeit von der Donau stammten. Sein Geburtstag trug dasselbe Datum wie der Mozarts, bis auf die Jahreszahl: 1885. Er hatte bei Max Bruch in Berlin Musik studiert, genau wie sein älterer Kollege Oscar Straus. Das Opernkomponieren, das ihm anfänglich Verpflichtung schien, gab er nie ganz auf; sechs Opern stehen auf seiner Werkliste. Aber seinen Namen verdankt er der heiteren Musik. Als man im Stummfilm dazu überging, für manche Filmwerke eigene Partituren in Auftrag zu geben, war er einer der ersten, die sich hierfür zur Verfügung stellten, und als der junge Rundfunk ihm einen Kompositionsauftrag erteilte, schuf er mit seiner Tänzerischen Suite, die eine Jazz-Band in ein sinfonisches Orchester einbaute, ein ganz einmalig herrliches Werk.
Künneke war zum Berliner geworden, der zwischen den Anfallszeiten seines kompositorischen Schaffens ein merkwürdiges Leben hoher Geistigkeit, weltfremd und kauzig, zubrachte, versponnen in abseitige Hobbies, die sich in der musikalischen Sphäre seines Heims merkwürdig ausnahmen, wenn er sich mit höherer Mathematik, anglistischen Studien, Religionsphilosophie oder mit dem Mittelhochdeutschen befaßte. Aber immer wieder fand er zu seinen klaren und ausgezeichnet klingenden Partituren zurück. Eine robuste Gesundheit gestattete diesem umgänglichen und witzigen Mann, dem freilich etwas von der entwaffnenden Liebenswürdigkeit seiner Wiener Kollegen abging, in nie wankendem Vertrauen auf seine Physis ein aller Hygiene spottendes Leben zu führen, dem auch eine gefährliche Tuberkulose keinen Abbruch tun konnte. Da sagten dem 68jährigen plötzlich Herz und Lunge den Dienst auf. In Heckeshorn bei Berlin erlag der ahnungslose Meister inmitten neuer Filmarbeit dem Zugriff des Todes, der ihn lange umlauert hatte.“
Edmund Nick; „Musica“, Januar 1954
Künnekes „Tänzerische Suite“
Wer an Künneke denkt, denkt automatisch an den „Vetter aus Dingsda“ von 1921. Aber was kommt dann? Das mag Verschiedenstes sein, aber mit Sicherheit kommt danach nicht ein Werk, das sich „Tänzerische Suite“ nennt. Dieses . Opus aus der Feder von Eduard Künneke, 1929 entstanden, ist zweifelsohne nicht einmal das zweitbekannteste Werk dieses genialen Komponisten. Vielmehr muss man sagen, dass der „Vetter aus Dingsda“ – so wichtig dieser Erfolg wirtschaftlich für Künneke war – für seine gesamtkünstlerische Entwicklung in gewisser Hinsicht sogar kontraproduktiv war, weil man in der Folge nur diese eine Operette von ihm hören wollte. Dieser Umgang mit dem Gesamtwerk Künnekes verstärkte sich, je mehr Zeit verging, so dass bis zum heutigen Tag dem Musikliebhaber, so er nicht ein Faible für Künneke entwickelt, im Grunde nur mehr der „Vetter“ in Erinnerung ist.
Dabei ist die „Tänzerische Suite“, welche Künneke für den Berliner Rundfunk komponierte, eines der ganz großen Werke für symphonische Orchester seiner Zeit und zeigt ganz klar, dass jene Komponisten, welche sich in dieser Epoche auch – betont sei das „auch“ – mit Operette befassten, so gar nicht das waren, was man heute gemeinhin meint, nämlich reaktionär oder altmodisch, weil man sich mit dem Genre Operette befasste, und langweilig, weil ja Operette nur etwas für alte Leute ist. Das ist schlicht falsch. Künneke und viele andere Komponisten seiner Zeit waren im höchsten Maße zukunftsorientiert und den neuesten Entwicklungen auf allen Gebieten der Kunst und den damit verbundenen anderen Disziplinen aufgeschlossen.
So hat Künneke die „Tänzerische Suite“ keinesfalls komponiert, weil er gerade Lust dazu hatte oder weil ihn die Muse geküsst hatte, oder was man sonst den Komponisten gerne alles andichtet, damit sie als etwas Besonderes gelten. Nein, die Inspiration für dieses Werk entstand aus einer pragmatischen Überlegung des Berliner Rundfunks, der sich natürlich mit den neuesten Formen von Tonträgern und Tonübertragungen intensiv auseinandersetze und den technischen Entwicklungen entsprechend Musik für das neue Massenmedium benötigte. Und so wurde eine ganze Reihe von Komponisten beauftragt, Musik zu schreiben, welche das Mikrofon geradezu als integrierten Bestandteil notwendig macht. Einer dieser Komponisten war eben Eduard Künneke.
Und Künneke ließ sich nicht nur von den neuesten technischen Möglichkeiten inspirieren, er ging noch weiter, er ließ in diese Auftragskomposition die damals absolut neuesten musikalischen Entwicklungen einfließen. Nein, nicht die Spätromantik war seine Inspirationsquelle, sondern der Jazz, der zu dieser Zeit aus Amerika nach Europa überschwappte. Völlig vorurteilslos verwendete er für seine fünfsätzige Suite sowohl in der melodischen als auch in der harmonischen Erfindung Materialien aus dem Jazz und komponierte ein Werk, dessen Sätze nicht Allegro, Andante, Menuetto, Largo und Allegro con brio hießen, sondern Ouverture, Blues, Intermezzo, Valse Boston und Finale. Es entsteht ein sprühendes, musikalisch hochinspiriertes Werk mit harmonischen Farben, welche in symphonischen Werken damals völlig neu waren, mit einer Instrumentation, die funkelt und glänzt, mit Melodien, welche in den schnellen Teilen vor Lebendigkeit regelrecht strotzen und welche in den langsamen Teilen die charmante Wärme einer sich anbahnenden Liebesbeziehung erfühlen lassen (Blues) oder die prickelnde aufkeimende Erotik (Valse Boston) der lebenshungrigen europäischen Gesellschaft nach dem 1. Weltkrieg regelrecht bildhaft vor Augen führen.
Künneke hatte dabei die eigentliche Aufgabenstellung – Musik für die technischen Gegebenheiten des Radios –, wie er selbst in einem eigenen Vorwort zur Partitur zugibt, bald aus den Augen verloren. Er gibt der Hoffnung Ausdruck, dass der Rundfunk die technischen Probleme bald überwunden haben wird, die eine Aufführung seines Werkes mit sich bringt. Und in der Tat, die gleichzeitige Aufnahme einer Jazzband und eines großen Sinfonieorchesters dürfte die Rundfunktechniker des Jahres 1929 vor ein fast unlösbares Problem gestellt haben.
Künnekes „RadioMusik“ goes Hollywood
1931 erreicht die RadioMusik Künnekes schließlich Hollywood und dient mit dem Foxtrott aus der „Tänzerischen Suite“ als Filmmusik für den amerikanischen Kurzfilm: „Round About Hollywood“.
A travelogue processed in cinecolor.
Kurioserweise ist die Aufnahme, die hier als Film-Illustrationsmusik zu hören ist, die früheste bekannte Einspielung des Foxtrotts aus der „Tänzerischen Suite“, da der Rundfunk-Wachsplattenmitschnitt der Ursendung bis heute verschollen ist. Bemerkenswert ist auch, das die Bildmontage sich komplett der Musik anpasst, die im Film ohne Kürzung zu hören ist. Es fehlt lediglich der Auftakt, vermutlich bedingt durch Film-Materialverlust.
Künneke, der in den 1920-er Jahren sehr erfolgreich am Broadway gearbeitet hatte, komponierte auch danach in Deutschland hollywoodreife Musik.
Eduard Künnekes Foxtrott aus der „Tänzerischen Suite“, komponiert 1929 für den Berliner Rundfunk – 1931 einem farbigen Werbefilm für Hollywood als Illustrationsmusik unterlegt.
„Round About Hollywood“. A travelogue processed in Cinecolor.
Actors and actresses arrive for the film premiere of Frank Capra’s „Dirigible“ from 1931 at Grauman’s Chinese Theater in Hollywood. Premiere attendes include silent film stars Bessie Love, Sally O’Neil, and Gloria Swanson, character actor Edward G. Robinson
Ein Zwischenruf des Dirigenten Ernst Theis
„… und dann kommt das Jahr 1933. Viele der Komponisten dieser Zeit geraten unter Druck, müssen wegen ihrer rassischen Herkunft fliehen. Das Dritte Reich verfemt Komponisten wie deren Musik. Das Hochwertige wird bewusst zweitklassig gemacht.
Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickeln sich in der zeitgenössischen Musik die verschiedensten Ausprägungen und musikalischen Ästhetiken. Es sind dies wichtige Entwicklungen, die bis heute für die Neue Musik prägend sind, und die Neue Musik ist seither ein Teilaspekt der gesamten Musikkultur in Europa. Es entwickelt sich aber auch eine Szene in dieser Neuen Musik, die schlussendlich vorgibt, wie die zeitgenössische Musik zu sein hat, ob sie dies bewusst wollte oder ob es einfach so entstand, ist für meine Betrachtung nicht erheblich. Erheblich dabei ist, dass dadurch spätestens in den Jahren nach Ende des Zweiten Weltkrieges ein Anschließen an die Musik der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg und eine homogene Weiterentwicklung dieser Musik unmöglich wurden. Ein wichtiger anderer Teilaspekt in der Kunstmusik ist für immer regelrecht aus dem Musikleben amputiert. So wird beispielsweise ein Künneke zum Reaktionär gemacht, Komponisten wie er bleiben minderwertig. Bis heute hat sich diese Komponistengeneration von diesem „gemachten“ Ruf nicht völlig befreien können. Und resultierend daraus hat die Operette, übrigens wie auch die Oper, kein zeitgenössisches Spiegelbild.
Nein, Künneke war kein Reaktionär, er war ein Visionär.
Er war auch kein Operettenkomponist, er war lediglich ein Komponist, der sich auch mit Operette beschäftigte, so wie dies die allermeisten Künstler, ob schaffend oder reproduzierend, tun.
Warum hat Künneke, warum haben die anderen „so genannten“ Operettenkomponisten sich überhaupt mit derartiger Musik beschäftigt?Weil es damals einfach normal war, das zu tun. Genauso, wie es normal war, dass Künneke selber mit den Berliner Philharmonikern die „Tänzerische Suite“ zur Aufführung brachte. Davon existiert auch ein historisches Tondokument, das jedoch – merkwürdige Tatsache – erst neun Jahre nach der Uraufführung des Werkes, 1938, in den Schallplattenhandel kam. Als Österreicher kann ich mir im Augenblick nicht vorstellen, dass dieses tolle Werk von den Wiener Philharmonikern aufgeführt werden würde.
Vielleicht sollten wir uns fragen, ob nicht unsere Zeit und die elitäre Kunst reaktionär sind, wenn ein Werk wie dieses, obwohl schon bald 100 Jahre alt, in den großen renommierten Sälen nach wie vor nicht vorkommt.“
Telefunken-Schallplatte von 1938 mit dem Foxtrott aus der „Tänzerischen Suite von Eduard Künneke.
Aufgenommen in der Berliner Philarmonie am 14. Februar 1938.
Es spielen die Berliner Philharmoniker unter Leitung von Eduard Künneke.
Collection: Dr. Jens Uwe Völmecke
Spolianskys „Charleston Caprice“
Spolianskys „Charleston Caprice für großes Orchester“, 1930 entstanden, wurde nie gedruckt und galt als verschollen. Erst 2009 tauchte im Zuge der Recherchen für das Dresdner RadioMusiken-Projekt im Nachlass des Komponisten, der im Archiv der Akademie der Schönen Künste Berlin aufbewahrt wird, eine handschriftliche Partitur des Werks auf. Mit Unterstützung des Spoliansky Trust konnten daraus die Orchesterstimmen erstellt werden.
Spoliansky zählt um 1930 bereits zu den bekanntesten Komponisten der Berliner Unterhaltungsmusik. So lag es nahe, dass die „Berliner Funkstunde“ vorrangig ihre Berliner Komponisten mit Aufträgen bedachte. „Man kennt ihn (Spoliansky) als einfallsreichen, beweglichen, geistvollen Komponisten reizender Kammerrevuen“, war anlässlich der Ursendung des Werks in der Zeitschrift „Der Deutsche Rundfunk“ zu lesen. Eine auf den Karneval abgestimmte unterhaltende Originalkomposition mit dem bezeichnenden „Charleston Caprice“ Titel ist es dann auch, die man im März 1930 als Berliner Beitrag zur Sendefolge der „Radiomusiken“ beisteuert.
Am Sonntag, den 2. März 1930, ging das Werk, quasi als Prolog zu der folgenden Rundfunkübertragung vom „Berliner Karneval“ erstmals über den Äther. Das nur sieben Minuten dauernde Stück wird der Gattungsangabe „Caprice“ vor allem in einem recht freien, spielerischen Umgang mit dem musikalischen Material gerecht. Ein knappes Motiv, das sich vor allem rhythmisch einprägt, zieht sich durch das ganze Stück, aus dem besonders der eingebettete Foxtrott heraussticht. Spolianskys Versuch, Elemente des Jazz in sinfonischem Gewand für ein großes Orchester zu nutzen, deutet sich bereits im modischen Titel an. Josephine Baker hatte erst wenige Jahre zuvor den Charleston, der schnell zum Modetanz der Gesellschaft avancierte, in Europa populär gemacht. Mischa Spoliansky wählt allerdings mit seiner Charleston Caprice für großes Orchester (1930) eine einsätzige Tanzform. Der Charleston selbst steht aus Sicht seiner musikalischen Gestalt hier aber nicht für den Tanz, sondern für eine musikalische Kunstform des Tanzes, die Spoliansky hier offensichtlich eigens für den Rundfunk kreiert.
Privatfotos aus dem Nachlass Spoliansky
Familie und Freunde:
Aus einer 1930 privat aufgenommenen Fotoserie von den Dreharbeiten zu Spolianskys erstem Tonfilm „Wie werde ich reich und glücklich“:
Was es zu lernen gilt!
„Wir kennen den Wert der Wirkung, ihre Überschätzung und ihre Unterschätzung; wir haben auch genug Erfahrung sagen zu können, wann im Konzertsaal oder in der Oper ein möglichst großes Maß von Wirkungen auf den Hörer erreicht wird. Im Rundfunk haben wir diese Erfahrungen noch nicht. Aber wir haben bereits zwei gegensätzliche, verbreitete Anschauungen darüber, auf welchem Wege das Maximum der Musikwirksamkeit erreicht werden kann. Die einen glauben, daß nur das vervollkommnet zu werden braucht, was zwischen dem klingenden Werk und dem Hörer steht: das ist hier die Apparatur. Sie glauben, daß ein Musikstück aus dem Lautsprecher genau so wirken muß wie vom Podium des Konzertsaales, wenn es nur erst dem Techniker gelungen ist, die aktuelle Wiedergabe in allem der Wirklichkeit anzupassen.
Die entgegengesetzte Meinung berücksichtigt zweierlei: erstens, daß der Lautsprecherklang dem natürlichen Instrumentenklang eben doch noch nicht völlig angeglichen und die Entwicklung respective deren Grenzen nicht fest vorherzusagen sind, – zweitens, daß das Milieu- und Hörerlebnis vor dem Lautsprecher so völlig verschieden ist von dem, was uns beim Dabeisein und unmittelbaren Hören einer Interpretation bewegt, daß damit auch die Bedingungen für Wirkung von Musik durch den Lautsprecher ganz andere werden als wir bisher kennen.
Beide Standpunkte ersehnen die Vervollkommnung der Apparatur. Darüber hinaus verlangt der zweite, praktische Standpunkt, daß Interpreten und Komponisten sich für die Bedingungen interessieren, auf die eine möglichst wirksame Rundfunkmusik Rücksicht nehmen muß. (…) Da gilt für den Interpreten die Frage: Wie habe ich mich vor dem Mikrophon zu verhalten, um ein Werk in Bezug auf Form, Klang und Eigenart der musikalischen Sprache klar und eindeutig zur Wirkung zu bringen? Die Antwort wird nur aus der Erfahrung erteilt werden können, und zwar nur aus der experimentell fundierten Erfahrung. (…) Ganz weitgehende Bedeutung kommt aber dem Interesse zu, das die Komponisten für Musik im Rundfunk zeigen. Zahllosen Menschen wird täglich Musik übermittelt. Der Hörer muß alles hinnehmen, die Sender üben eine Art kultureller Diktatur aus. Sollten die Hörer einmal praktisch zur Macht kommen, dann werden sie alles aus den Programmen streichen, was langweilig ist. Langweilig ist alles, von dem keine Wirkung ausgeht. Ist es nicht das eigene Verantwortungsgefühl, dann muß es der Wunsch sein, Erfolg bei den Hörern zu haben, der den Komponisten veranlaßt, zu studieren, wie er Wirkungen mit seiner Musik aus dem Lautsprecher erzielen kann. Dazu muß er die Form überprüfen; muß wissen, wie Steigerungen, Flächen, Durchführungen, Pausen usw. aus dem Lautsprecher wirken. Muß den Klang kennen, das Kräfteverhältnis der Instrumente, der Instrumentengruppen usw. Und muß sich über die Möglichkeiten seiner Sprechweise orientieren, Polyphonie, Artikulation, Plastik usw. Wenn er das nicht tut, schafft er wie jemand, der seiner Wirkung nie gewiß ist – er tappt im Dunkeln. Dann werden sich die Sender und die Hörer das heraussuchen, was zufällig geeignet ist, – dann wird die Komponisten die Schuld treffen, dringende Bedürfnisse der Zeit übersehen zu haben. Die soziale Verbundenheit der Musik zu den Menschen war noch nie so groß wie heute, wo sie durch Rundfunk übertragen wird. Die Musik wird größere Bedeutung für viele gewinnen, wenn der Komponist auch auf sie (mittels des Rundfunks) einwirken kann. Das muß er lernen.“
Max Butting; „Anbruch“, Februar 1929
Buttings Rundfunkmusiken
Der Berliner Max Butting zählt zu den wichtigsten Protagonisten einer modernen Musikkultur seiner Geburtsstadt im ersten Drittel des vergangenen Jahrhunderts. Obwohl er aus einfachen Verhältnissen stammte, war es ihm möglich, von 1908 bis 1914 an der Königlichen Akademie der Tonkunst in München bei namhaften Lehrern in der Tradition der Spätromantik zu studieren. Nach Berlin zurückgekehrt, erarbeitet er sich einen guten Ruf unter Gleichgesinnten und wird 1921 in die Berliner Novembergruppe, einer sozial-revolutionär gesinnten und avantgardistisch orientierten Künstlervereinigung, aufgenommen, deren Musiksektion er wenig später auch leitete. Hier organisiert Butting Arbeitsgruppen und zahlreiche Konzerte mit zeitgenössischer Musik. In diesem Umfeld begegnet er dem für die 1920er Jahre typischen Stil- und Genresynkretismus, also der Verschmelzung unterschiedlichster Merkmale, Stile und Formen in einem Kunstwerk. Der typische Stil seiner engagierten Tonsprache hat hier, im Aufeinandertreffen von musikalischem Neoklassizismus, der Suche nach Formen eines musikalischen Expressionismus’ und Avantgardeformen der Zeit ihren Ursprung.
Leitmaxime bleibt für Max Butting stets die Allgemeinverständlichkeit seiner Musik, die die traditionellen Ideale von Kunst und Ästhetik bestehen lässt. Ideale einer Breitenwirksamkeit von Kunst, die Max Butting auch nach 1945, als er zu einer der musikalischen Leitfiguren der DDR wird, nicht aufgibt.
Max Butting zählt in den 1920er Jahren auch zu den Schlüsselfiguren bei der Entwicklung einer spezifischen Musik für das neue Medium Radio. An die im Mai 1928 an der Berliner Hochschule für Musik gegründete sogenannte ‚Rundfunkversuchsstelle’ wird er 1929 als Lehrer für Rundfunkkomposition berufen. In dieser Zeit, in der der Rundfunk durch Auftragskompositionen zum Mäzen wurde, entstehen die Originalkompositionen für das Radio. Die Gründung der Versuchsstelle, die sich auch als „Laboratorium für neue Töne“ verstand, ist als Reaktion auf aktuelle Entwicklungen zu sehen: Hier sollen technische Innovationen und künstlerische Kreativität miteinander in Dialog kommen. Diese Studien sind Butting auch selbst nützlich, um das, was er von seinen Studenten fordert, im eigenen Werk, zum Beispiel seinen zwei Radiomusiken zu verwirklichen. Sein Experiment, ein Blasorchester für eine elektrische Rundfunkübertragung „um mehr als die Hälfte seiner Spieler zu reduzieren, hatte zu dem verblüffenden Ergebnis geführt, daß die kleine Besetzung als wesentlich kräftiger – weil eindeutiger und durchsichtiger – empfunden wurde als das volle Orchester“. Vielleicht die wichtigsten Erkenntnisse sind für Butting, mittels einer klanglichen Vereinfachung ein Minimalorchester schaffen zu können, „dass nur so viele Instrumente erfaßte, wie gerade notwendig seien, um noch eine orchestrale Wirkung zu erzielen“. Damit ließe sich nicht nur der spätromantische Klangrausch ausschließen, sondern auch „den eigenen künstlerischen Anliegen ein ideales Instrument sichern“.
Buttings „Erste Rundfunkmusik für Orchester“ op. 37
Buttings erste Rundfunkmusik, die bald darauf – wohl aus Vermarktungsüberlegungen heraus – den Namen Sinfonietta mit Banjo bekam, ist ein typisches Beispiel dafür. In der Orchesterbesetzung fällt zunächst das Fehlen der Kontrabassgruppe auf, eine Konsequenz aus der schlechten Übertragbarkeit des tiefen Frequenzspektrums. Aufgefangen wird dies von Butting durch die ungewöhnliche Besetzung von drei Fagotten, von deren Klangspektrum er sich offenbar eine bessere Übertragungsmöglichkeit versprach. Das später in den Werktitel aufgenommene Banjo tritt nicht solistisch hervor, sondern hat eine klanglich unterstützende Funktion, die atmosphärisch wirksam wird. Der relativ helle Klang mit hohem Frequenzspektrum lässt dieses damalige Modeinstrument dafür geeignet erscheinen. Auch der Klang des Saxophons sorgt mit jazzigen Einsprengseln für eine Farbpalette, die sich über den Äther geschickt wiedererkennen lässt.
Die Dreisätzigkeit der Sinfonietta verweist ebenso auf tradierte Formen, wie die kontrapunktische Schreibweise Buttings, die immer wieder Harmonien ineinander verwischen lässt und somit ein typisch modernes Klanggewand der Entstehungszeit repräsentiert. Gerade der Mittelsatz (Andante) ist von größter Wirkung, seine dichte, gelegentlich an die Klangwelt von Wagners Parsifal erinnernde Atmosphäre entwickelt große Wirkung und zeigt wie mit relativ einfachen kompositorischen Mitteln ein Maximum an Wirkung erzielt werden kann.
Der nur auf den ersten Blick spröde erscheinende Kopfsatz (Largo) erhält ein sich ins Furiose steigerndes Gegenstück im Allegro vivace des Schluss-Satzes, der sich in den Orchesterstimmen kaskadenartig zu einem grandiosen Finale aufschwingt. – Max Butting gelingt in dieser Rundfunkmusik die Gratwanderung zwischen formaler Geschlossenheit und einer dem Konzertpublikum der Entstehungszeit verständlichen Stilistik einerseits und der kompositorischen Auslotung der Grenzen von Tonalität und ambitionierter zeitgenössischer Musiksprache andererseits.
Mit op. 38 dann „den Nagel auf den Kopf getroffen!“
Buttings „Heitere Musik“ „stellt ein besonders glückliches Stück neuzeitlicher Unterhaltungsmusik dar. Seine sparsame Instrumentation macht es für die Übertragungen besonders geeignet, seine liebenswürdige Melodik und beschwingte Rhytmik sichert ihm die beifällige Aufnahme des in moderner Musik unerfahrenen Hörers.“
„Deutsche Tageszeitung“ Berlin
„Eine hübsche, ausgezeichnet auf die Radiomusik eingestellte Musik, besonders glücklich in der Verbindung von Buttings besinnlicher, eigenartiger, zur Expression drängender Mehrstimmigkeit mit einer frischen, gelockerten Musizierfreude. Die Bläser sind sehr mannigfaltig ausgenutzt, von feiner Groteske bis zur lustigen Virtuosität.“
Heinrich Strobel; „Berliner Börsen-Courier“
„Wenn es darauf ankommt, im Klang klar und durchsichtig, in der Form knapp und präzise und im Inhalt beschwingt und leicht faßlich zu sein, so hat Butting in diesem Werk [seiner ‚Heiteren Musik‘ op. 38] den Nagel auf den Kopf getroffen.
„Rundfunk-Rundschau“
Buttings „Zweite Rundfunkmusik“, die „Heitere Suite“ op. 38
Die Arbeit an seiner zweiten Radiomusik mit dem bezeichnenden Titel „Heitere Suite“ muss sich auf den „zerrissenen“ seelischen Zustand des Komponisten fast therapeutisch ausgewirkt haben: „Ich muß in einer tiefen geistigen Krise gewesen sein, bis sie trotz der äußerlich viel ungünstigeren Zeit von 1928/29 in der ‚Heiteren Musik‘ überwunden wurde.(…) Ich stand dem Zeitgeschehen hilflos und enttäuscht, darum am Ende gleichgültig, gegenüber. So widmete ich mich ganz meinen künstlerischen Verpflichtungen. Es war sicher keine Flucht nach innen (…), sondern eher die Absicht, mit meinen Mitteln und Möglichkeiten nach außen zu wirken.“ Verwurzelt in diesem Wunschdenken, erlebt am 10. Januar 1930 Buttings „Radiomusik II“ als Auftragswerk der Funkstunde Berlin seine von allen deutschen Sendern übernommene Ursendung. Am Dirigentenpult steht der Tonsetzer selbst und kann einen großen Erfolg verbuchen:
„(…) Seinen Namen kennt man seit der werdenden Aktualität der neuen Musik. In Donaueschingen wurde Butting häufig gespielter Repräsentant. Sein Betätigungsfeld gehört dem Rundfunkwesen, und in den Senderäumen ist er zu Haus. Während er dirigierte, fiel es auf, wie er Musik empfand und dachte: eindeutige Gesten erzeugen kompakte Tonintensität, hier ein sinnlich loderndes Adagio, hier fast brutale Monotonie, hier das Stampfen eines ehernen Rhythmus. In der meisterlichen Komposition steckt ein einzigartiges Kennzeichen. Bewußtheit und Klarheit der Linienführung. Der Titel des Werkes: ‚Eine Musik für Radioorchester‘ birgt den Zweck und Sinn. Hier wird die Frage der spezifischen Wirkung für den Rundfunk berührt, das Problem, das Butting zur Unterscheidung ‚Musik im Rundfunk‘ und ‚Rundfunkmusik‘ führte. (…)“
„Frankfurter Post“
Braunfels‘ „Divertimento für Radio-Orchester“ op. 42
Wohl erstmals seit den frühen 1930er Jahren ist das kurzweilige „Divertimento für Radio-Orchester“ von Walter Braunfels wieder hörbar. Das ist insofern eine rechte Sensation, gingen doch bis heute sowohl die musikwissenschaftliche Fachwelt wie auch die Familie Braunfels selbst davon aus, dass „alle Unterlagen wie Skizzen, Notenmaterial u.ä. während des Krieges verlorengegangen“ seien, so dass man sich nur anhand von Zeitungskritiken eine „vage Vorstellung dieses ‚Divertimentos‘ machen kann“. Interessanterweise war nach der Erstsendung des Stückes 1929 in der „Allgemeinen Musikzeitung“ von einem jazzinspirierten Werk zu lesen, das mit „weitgeschwungenen melodischen Linien, die mit feiner kammermusikalischer Zeichnung und improvisatorischer Freiheit polyphon weitergeführt, zu leuchtenden Klangbildern vereinigt werden“, für Furore sorgte. Man würdigte auch dessen Stilwandlung, die „das Gesamtwerkbild um überraschende Züge einer neuen Haltung im Sinne der ‚jungen Klassizität‘ bereichert“ habe.
Trotz solch anerkennender Kritiker-Urteile gilt ab 1933 das Braunfels´sche Schaffen als „Entartet“ und wird – wie die Werke aller jüdischer Komponisten – gewaltsam und gründlich aus dem kollektiven Gedächtnis verbannt. Selbst Wikipedia widmet bis heute dem Tonsetzer nur wenige Zeilen. Umso dankbarer sind wir der Familie, die uns mit aussagekräftigen Dokumenten sehr unterstützt hat.
Seine Biographie ist so spannend wie sein künstlerischer Weg. Dabei ist gar nicht von Anfang an klar, dass Braunfels den Weg des Musikers gehen würde, denn er studiert vorerst Jura und Volkswirtschaft in München. Dort erfolgt aber schon bald der Entschluss, Musiker zu werden. Musiker und nicht Komponist. Doch nach sensationellen Opernerfolgen in den 1920er Jahren zählt man Braunfels neben Franz Schreker, Jaromír Weinberger und Richard Strauss zu den gefragtesten deutschen Opernkomponisten ihrer Zeit. So bedeutende Dirigenten wie Hans Knappertbusch, Wilhelm Furtwängler oder Bruno Walter nehmen sich nun zunehmend seiner Werke an.
Was aber kaum bekannt ist; Walter Braunfels interessiert sich auch für das neue Medium Radio. Und damit rückt er auch als Schöpfer neuer Radiomusik in das Blickfeld der Rundfunkredakteure und erhält 1929 folgerichtig einen Kompositionsauftrag vom Westdeutschen Rundfunk. Die von Max Butting gegebenen rundfunkspezifischen Empfehlungen genau beachtend, komponiert Braunfels ein „Divertimento für kleines Orchester“, das er noch im gleichen Jahr in einem der deutschlandweit übertragenen Radiokonzerte selbst dirigiert und dem Sender dankbar widmet.
Über achtzig Jahre später ist diese verschollen geglaubte Radiomusik wieder zu hören. Im Wiener Verlag Universal Edition „überlebte“ unter der aus dem Jahr 1929 stammenden Signatur „UE34624“ handschriftlich überliefertes Aufführungsmaterial sowohl die „Arisierung“ des vormals jüdischen Verlages als auch die Kriegswirren. Dieses original erhaltene und mit Tinte geschriebene Material bildete dann auch die aufführungspraktische Grundlage für unsere MDR-Rundfunkproduktion.
Das ist eine willkommene Gelegenheit, den Dirigenten unserer Aufnahme, Ernst Theis, den Werkaufbau selbst erklären zu lassen: „In seinem ‚Radio-Divertimento‘ orientiert sich Braunfels formal an der mehrsätzigen Form der Radiosuite. Es sind mehrere relativ kurze Sätze, die, entgegen der großen symphonischen Form, das Gerüst des Werks bilden. Und gleich im ersten Satz wird klar: Braunfels wählt als eines der tragenden Instrumente für diesen Satz das Saxophon, jenes Instrument, das wie kein anderes den europäischen Jazz erobert hat, das aber nicht ins klassische Orchester Einzug halten konnte und kann. Wohl gibt es in der Musikliteratur um 1900 und später immer wieder Komponisten die Saxophon verwenden, seinen festen Platz im Bläsersatz des symphonischen Orchesters findet es aber nicht. Die Integration dieses Instruments in seine Rundfunkmusik kann als ein Indikator für Braunfels‘ Vorstellung einer radiophonen E-Musik sein.“
Wie Braunfels selbst über den Klang des Saxophons dachte, verrät der Wortlaut eines Schreibens an den Essener Generalmusikdirektor Max Fiedler betreffs der ersten geplanten Rundfunkübertragung, worin er ihn bittet, den beiden Saxophonisten dieses Stückes unbedingt „einzubläuen, daß sie gar nicht tremolieren dürfen. Ohne das jazzische Wimmern ist das Saxophon nämlich, wie schon Berlioz richtig erkannt hat, ein sehr schönes Instrument. Wir hören es nur immer in dieser gräßlichen Verzerrung“.
Zurück zur Werkananalyse von Ernst Theis, der als weiteren „rundfunkspezifischen Indikator Braunfels‘ Einbeziehung des Tanzes“ ansieht. „Der zweite Satz des Divertimentos ist ein musikalischer Kunsttanz, der sich sowohl der Aneinanderreihung von geraden und ungeraden Takten annimmt, wie auch dem Walzerduktus, den der Mittelteil des Satzes dominiert. Dieser mittlere Teil steht für ein Prinzip des Funkorchesters dieser Zeit. Beginnend mit einem Kammermusiktrio und solierender Flöte taucht der Satz immer mehr in den großen klangintensiven ausdrucksstarken Konzertwalzer ein, ehe er, sich immer fragiler gestaltend, wieder zurück in die Kammermusikwelt hinein entwickelt und in eine klassische Reprise des Satzbeginns zurückkehrt.
Gleichermaßen Solomusiker – Kammermusiker – Orchestermusiker, das waren die Alleinstellungsmerkmale der Mitglieder früher Funkorchesters. Und solchen Funkorchester-Solomusikern offeriert Braunfels in seinen dritten Satz. Flöte Klarinette, später auch Oboe und Saxophon sowie ein expressiver Streichersatz mit ausladender Melodik – ganz aus dem Geiste des begabten Musiklyrikers Braunfels heraus entstanden – prägen diesen einfachen und doch so ausdrucksstarken Satz eines hier gar nicht mehr divertierenden, sondern in die Tiefen braunfelsscher Klangwelten eindringenden Werks.
Noch einmal und zwar „im Zeitmaß der Sarabande“ beschwört Braunfels im vierten Satz den Geist des Tanzes. Und so expressiv der dritte Satz in uns nachwirkt, so impressionistisch entwickelt sich nun diese Erinnerung an die Sarabande, in der das solierende Horn mitten im Satz ein großes Innehalten herstellt, um in der Folge im großen musikalischen Streicher-Bogen sich in die Schlussreprise zu begeben. Ein Satz, der in seiner scheinbaren Leichtigkeit keinen Mangel an großer Kunst zulässt.
Und dann, mit überbordendem Esprit und ausladender Frische bricht der fünfte Satz los. Ein Satz ganz im Sinne eines Divertimentos, Unterhaltung virtuosester und kunstvollster kompositorischer Güte. Dieser Satz fordert den Musiker viel ab. Die kompositorische Arbeit mit dem Motiv und seiner Wandlungsfähigkeit dominieren diesen Satz, der weder in den orchestralen noch in den kammermusikalischen Passagen zur Ruhe kommen will, der unaufhaltsam sein Ziel, den Schluss des Werkes sucht – und ihn zielgenau auch findet.
Was dieses Werk schlussendlich ausmacht, ist auch was alle große Musik ausmacht, nämlich mit wenigen Mitteln viel erreichen zu können. Braunfels schafft das in beeindruckender Weise. Jeder der kurzen Sätze ist unverwechselbar eigenständig charakterisiert und bleibt doch Teil eines großen Ganzen, eines fünfsätzigen Werks, das beeindruckt und mitnimmt, das die ganze Fülle Braunfels‘schen Könnens gerade in der Verknappung so überdeutlich zu Tage treten lässt.“
CD-Besprechungen
Wiener Zeitung 11/2014:
„Unglaublich, wie innovativ die künstlerischen Iddeen in der Zwischenkriegszeit waren!
Die Aufführungen unter Leitung des österreichischen Dirigenten Ernst Theis sind schlicht grandios. Ein Muss!“
Zu entdecken ist eine stilistische Vielfalt, bei der es keine Grenzen zwischen so genannter E- und U-Musik gibt.
Ernst Theis, von 2003 bis 2013 Chefdirigent der Staatsoperette Dresden, leistet hier mit seinem bestens disponierten Orchester wahre Pionierarbeit.
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