Der Leipziger Generalmusikdirektor Gustav Brecher

Gustav Brecher
* 5. Februar 1879 in Eichwald/Erzgebirge (Österreich-Ungarn)
† Mai 1940 bei Ostende
© Foto aus dem CD_Booklet – Quelle: Stadtgeschichtliches Museum Leipzig, Sammlung Cichorius
Zur Fortführung seiner Ausbildung als Komponist und Dirigent bei Salomon Jadassohn kommt der zwanzigjährige Brecher mit seiner Familie 1889 aus Böhmen nach Leipzig. Weithin bekannt wird Brecher als Komponist durch Richard Strauss, der 1896 eine seiner Tondichtungen mit Bravour aufführt.
1897 steht er erstmals vor dem Gewandhausorchester im Leipziger Opernhaus. 1901 engagiert ihn Gustav Mahler als Gastdirigent an die Wiener Hofoper. Zwischen 1903 und 1911 ist Brecher Kapellmeister am Hamburgischen Stadttheater und leitet die Uraufführung von Ferruccio Busonis Oper „Die Brautwahl“.
Nach Verpflichtungen in Köln und Frankfurt wird Gustav Brecher 1924 zum Generalmusikdirektor am Leipziger Neuen Theater ernannt und nimmt hier „mit großer Energie den Kampf gegen Spielplanroutine, schludrige Probenarbeit und Provinzialismus auf“, wie die Gewandhauschronik dokumentiert. Und weiter lesen wir dort:
Er ist „gefürchtet für sein exaktes Einstudieren“, was aber letztendlich nicht nur den Sängern zugute gekommen sei.
„Das Orchester, mochte hier auch das intensive und zeitaufwendige Probieren manchen Verdruß erzeugt haben, war gleichermaßen der Nutznießer“. Endlich hätte es wieder „niveauvolles Musiktheater mit präzis vorbereiteten und ablaufenden Vorstellungen gegeben“, so die Chronik.
Brecher verfolgt ehrgeizige Ziele. Er will die Leipziger Oper zu einer „der ersten deutschen Bühnen entwickeln“. Das Repertoire wird erneuert, nicht selten in überarbeiteter Textfassung durch Brecher selbst, der als einer der besten Libretto-Übersetzer gilt.
1927 bringt Brecher mit seinem Regisseur Walter Brügmann Ernst Kreneks „Jonny spielt auf“ mit Theodor Horand als Daniello auf die Leipziger Bühne. Radikal, grotesk und geprägt vom Jazz der 1920-er Jahre. Kurt Weills „Der Zar läßt sich photographieren“ und Ernst Kreneks „Das Leben des Orest“ folgen, bis dann bei der Uraufführung von Brecht/Weills „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ die Hölle losbricht. Ein handfester Theaterskandal ist die Folge.
Ein letztes Mal steht Brecher am Dirigentenpult der Leipziger Oper am 4. März 1933. Der Programmzettel weist Kurt Weills Oper „Der Silbersee – Ein Wintermärchen“ aus. An diesem Abend wird er von krakeelenden Nationalsozialisten während der laufenden Vorstellung aus seinem Amt als Leipziger Generalmusikdirektor vertrieben und nimmt sich wenige Jahre später in der Emigration das Leben.
Genau so rüde und kaltschnäuzig verjagt werden im März 1933 nur wenige Tage nach Brecher zwei seiner Kollegen, Generalmusikdirektor Fritz Busch in Dresden und Gewandhauskapellmeister Bruno Walter in Leipzig.
Die Leipziger Oper aber ist durch Brechers Wirken zu einem der progressivsten deutschen Opernbühnen geworden.
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