03 Rundfunkdirigent Alfred Szendrei

 

Die Radiophilosophie Alfred Szendreis

Aus heutiger Sicht ist es erstaunlich, wie klarsichtig und weitblickend die ersten „Radiomacher“ funkisches Neuland betraten. Immerhin war die Qualität der Übertragung und des Empfangs zumindest in ästhetischer Hinsicht zunächst niederschmetternd. Wer damals die Vision von Radiomusik in Konzertqualität teilte, musste schon ein gehöriges Maß an Vertrauen auf rasche technische Entwicklung aufbringen. Das Sendebewusstsein der Radiopioniere dagegen ging sogar weit über das eigentliche Programm hinaus. So weit, dass sie bis zu einem gewissen Grade der technischen Vervollkommnung des Rundfunks die Richtung wiesen. Einer der ersten und einer der eifrigsten Protagonisten des neuen Mediums war der Kapellmeister Szendrei.

Alfred (eigentlich: Aladär) Szendrei wurde am 29. Februar 1884 in Budapest als Sohn des jüdischen Beamten Heinrich Szendrei geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums studierte er in seiner HeimatstadtzunächstJura, dann von 1901 – 1905 an der Budapester Musikakademie Dirigieren und Komposition. Zu seinen Lehrern zählte unter anderen Hans Koeßler, der während dieser Jahre auch Bela Bartök und Erwin Lendvai in Komposition unterrichtete.

Dem Studium folgten Wanderjahre: Szendreis erstes Engagement führt ihn 1905 als Theater­kapellmeister nach Köln. 1907 geht er in gleicher Funktion nach Mühlhausen und von 1909 – 1911 nach Brunn. Im Jahre 1911 reist Szendrei erstmals nach Amerika. Eine Spielzeit lang dirigiert er an Opernhäusern in Philadelphia und Chicago, 1912/13 in Hamburg, 1913/14 wird er für eine Spielzeit an der New Yorker Century Opera verpflichtet. Nach Europa zurückgekehrt wird er 1914 Dirigent am Deutschen Opernhaus in Berlin. Im Jahr darauf arbeitet Szendrei an der Wiener Volksoper. Dort holt ihn der Weltkrieg ein. Zwei Jahre lang (1916 – 1918) leistet der ungarische Jude Kriegsdienst – in der österreichischen Armee. Nach dem Krieg nimmt ihn die Leipziger Oper als Ersten Kapellmeister unter Vertrag. Diese Honorartätigkeit am Neuen Theater ist Szendreis erstes länger als zwei Spielzeiten währendes Engagement (1918 – 1924). Eine „Lebensstellung“ und damit verbunden eine Existenzsi­cherung ist es für den zweifachen Familienvater mit Sicherheit nicht. Erst als Musikchef der MIRAG wird Szendrei 1924 in Leipzig endgültig sesshaft. Die Familie Szendrei – das Ehepaar Alfred und Eugenie und die halbwüchsigen Kinder Albert, geboren 1911 und Lillian, geboren 1912 – bezieht eine großzügige Wohnung in der Schlegelstraße mit schönem Blick in Richtung Rennbahn. (Albert /eigt bald musikalisches Talent; er wird am Konservatorium in der Klasse von Robert Teichmüller Klavier studieren.) Mit vierzig Jahren hat Szendrei endlich seinen Platz, seine Berufung gefunden. Die Wander- und Lehrjahre quer über den Globus sind vorbei. Alle späteren Wanderungen und Wandlun­gen unternimmt er mit bleibendem Verdienst als Funkdirigent und Radiopionier.

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