Sendestudios Musikalische Probierstuben
Sendestudios: Musikalische Probierstuben
Ständig wurden neue technische Entwicklungen und akustische Erfahrungen ausprobiert, die bestmögliche Übertragungsqualität durch eine Unzahl an Klangversuchen avisiert. Auch sollte es nicht bei der kammermusikalischen Besetzung bleiben.
Für Aufführungen größerer Orchesterwerke benötigte die MIRAG bald ein Ensemble in sinfonischer Besetzung. Zunächst verstärkte man für solche Aufführungen das funkeigene Ensemble. Ob und in welchem Maße dabei Musiker des LSO mitwirkten, ist für die ersten vier Sendemonate (März bis Juni) nicht exakt nachvollziehbar. So fand am 16. März 1924 eine konzertante Aufführung der„Zau- berflöte“ von Wolfgang Amadeus Mozart mit einem nicht näher bezeichneten „Kammerorchester“ statt. Dirigent dieser Übertragung aus der Alten Handelsbörse war Alfred Szendrei. Die Solisten gehörten dem Ensemble der Leipziger Oper an. Für den 26. Juni nennt das „Rundfunk-Programm des Leipziger Messeamt-Senders“ die Aufführung der Operette „Die schöne Galathee“ von Franz von Suppe. Die Leitung des „Rundfunkorchesters“ hatte wiederum Szendrei übernommen. In den folgenden Wochen tauchten weitere Bezeichnungen wie „Rundfunk-Symphonieorchester“, „Philharmonisches Rundfunkorchester“ auf, ohne dass eindeutig daraus heivorgeht, ob es sich um das LSO bzw. das Genossenschaftsorchester handelte. Inzwischen hatte sich die finanzielle Lage des LSO weiter verschlechtert. Zwar sorgten die Opernvorstellungen, die chorsinfonischen Konzerte mit Ensembles der Mitglieder der Orchestergesellschaft (unter anderem Lichtsche Chöre, Chor des Riedelvereins) sowie die Philharmonischen Konzerte in der Alberthalle für Beschäftigung, die Kosten deckten sie jedoch nicht.
Szendrei schien seine Pläne, mit dem Genossenschaftsorchester auch außerhalb der Oper zu musizieren, aufgegeben zu haben. Stattdessen konzipierte er eine Konzertreihe mit dem Dresdner Philharmonischen Orchester. Die Abende sollten vom Rundfunk übertragen werden. Tatsächlich fand nur ein einziges Konzert, am 6. Oktober 1924, im Saal des Zoologischen Gartens statt. Der beträchtliche finanzielle Verlust verhinderte jedes weitere Engagement.
Um regelmäßig über ein Orchester in sinfonischer Besetzung zu verfügen, plante die MIRAG zur gleichen Zeit ein entsprechendes Ensemble selbst aufzustellen. Auf Vorschlag der Orchester-Gesellschaft, welche die Existenz ihres Orchesters retten wollte, kam man jedoch überein, dass die MIRAG für ihre Zwecke das Genossenschaftsorchester mietete.
Der Aufsichtsratsvorsitzende der MIRAG, Dr. Otto, erläuterte später die Position des Senders: „Die MIRAG wollte im Interesse des gesamten Kunstlebens der Stadt auf die Bedürfnisse der Stadt selbst (Oper) und auf die des städtischen Konzertlebens Rücksicht nehmen.“ Er räumte ein, „daß ein durch eine besondere Gesellschaft, die Orchester-Gesellschaft, organisiertes Orchester leichter in der Lage war, die diesbezüglichen Aufgaben zu erfüllen als ein eigenes Orchester des Senders. Zudem erachtete es die MIRAG als vorteilhaft für die ihren Sendungen zugute kommende künstlerische Entwicklung des Orchesters, wenn das Orchester, das ihre großen Sendekonzerte spielte, auch außerhalb des Senderaumes auftrat“. Der Kreis schließt sich in der von Dr. Jaeger und Dr. Otto geäußerten Vorstellung, das Orchester müsse „zum gleichberechtigten Bestandteil des Leipziger Musiklebens“ werden.
Alfred Szendrei mit dem Ersten Konzertmeister Emil Luh und weiteren Mitgliedern der Rundfunk-Hauskapelle sowie Leipziger Gesangssolisten bei Tonprobeaufnahmen mit dem Kathodophon, wie es bei der MIRAG bis Anfang 1925 verwendet wurde.
Foto vermutlich 1924;
Deutsches Rundfunkarchiv, Frankfurt/Main – Historisches Archiv der ARD
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