
Dresdner Opernchronik 1922-1933

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1922/1923
• 1. August 1922
Amtsantritt Generalmusikdirektor Fritz Busch
Fritz Busch – Ein Dirigentenportrait
Ausschnitt aus der DVD-Dokumentation zu Leben und Wirken des Dresdner Generalmusikdirektors Fritz Busch, erschienen in der „Edition Staatskapelle Dresden“ als Vol. 30.
Generalintendanz der Sächsischen Staatstheater
Generalintendant: Dr. Alfred Reucker
Stellvertretender Generalintendant: Dr. Hans Reuter
Opernhaus
Operndirektor und Generalmusikdirektor: Fritz Busch
Kapellmeister: Hermann Kutzschbach · Kurt Striegler
Oberspielleiter: Georg Toller · Alois Mora
Spielleiter: Dr. Waldemar Staegemann
Regieassistent: Bruno von Nissen
Vortragsmeister: Karl Perron
Dramaturg: Hans Teßmer
„Darstellende Mitglieder des Opernhauses“
Damen:
Erna Fiebiger-Peisker · Helena Forti · Inah Galli · Elfriede Haberkorn · Helene Jung · Angela Kolniak · Grete Nikisch · Berta Obholzer · Eva Plaschke-von der Osten · Maria Rösler Keuschnig · Edith Sajitz · Liesel von Schuch · Milly Stephan · Elisa Stünzner · Irma Tervani · Charlotte Viereck · Charlotte Wolf
Herren:
Willi Bader · Robert Burg · Robert Büssel · Josef Correck · Ludwig Ermold · Ludwig Eybisch · Max Hirzel · Hanns Lange · Tino Pattiera · Friedrich Plaschke · Julius Puttlitz · Rudolf Schmalnauer · Otto Sigmund · Waldemar Staegemann · Curt Taucher · Fritz Vogelstrom
Ehrenmitglieder:
Clementine Edle von Schuch-Proska · Therese Malten · Karl Perron · Charlotte Basté · Marie Wittich · Irene von Chavanne · Minnie von Frenckell-Nast · Friedrich Plaschke
Fritz Busch über die Situation am Dresdner Opernhaus
zum Zeitpunkt seines Amtsantritts als sächsischer staatsbeamteter Generalmusikdirektor:
„Aus dem heiteren und behaglichen, anheimelnd in Berge und Wälder gebetteten Stuttgart, das trotz seiner Ausdehnung, seiner industriellen und besonders auch baulichen Bedeutung den Charakter der alten, gemütlichen schwäbischen Landstadt nicht verleugnen konnte, übersiedelten wir in das weit prunkvollere Dresden.
An die Stelle behäbiger Fachwerkbauten trat das berühmte Dresdner Sandsteinbarock; an die Stelle freundlicher Bürgerlichkeit das zeremoniellere Wesen der Hofstadt. Eine gewisse inhaltslose Gesellschaftlichkeit blieb bezeichnend für manche, zwar ihres höfischen Mittelpunktes nun beraubte Kreise. Daneben gab es freilich ein sehr gutes, intelligentes Bürgertum.
Den besten sächsischen Typus stellte der bescheidenere Mittelstand dar, darunter der Lehrerberuf, in dem auch ein ausgesprochener Musikenthusiasmus und ein opferbereiter Idealismus zu Hause waren.
Bei unserer Übersiedelung nach Dresden stand die Inflation bereits in Blüte. Mein Jahreseinkommen betrug anfänglich zweihunderttausend Mark, und wieviel dies eigentlich war, wußte niemand. Es war Inflationsgeld, dessen Wert sich täglich verminderte; daher ging das Gehalt schließlich im Laufe der nächsten Monate in die Millionen und Billionen. Daß die Folgen dieser Geldentwertung die künstlerische Arbeit im Beginn meiner Tätigkeit, wie das ähnliche Mißstände der Nachkriegszeit schon in Stuttgart getan hatten, ungemein erschwerten, liegt auf der Hand. Selbst die kleinen Sänger versuchten dauernd, sich Urlaub und Gastspiele in der benachbarten Tschechoslowakei zu verschaffen, von deren Honorar sie sich und ihre Familie viele Wochen lang besser unterhalten konnten, als es mit ihrem gesamten deutschen Jahresverdienst möglich gewesen wäre.
Da ich bisher in Dresden nur zwei Gastspiele als Konzertdirigent gehabt hatte, war mir der dortige Opernbetrieb unbekannt bis auf den Weltruf, den das Institut genoß. Damit verbanden sich die Namen einiger Künstler von internationalem Rang. Die große Mehrzahl der Sänger war mir fremd.
Als Eröffnungsvorstellung wurde Beethovens »Fidelio« gewählt. Während ich noch in den Sommerferien war, erhielt ich vom Generalintendanten ein Telegramm mit der lakonischen Frage: »Wer soll erste Leonore singen?«
Dem reichen Dresdner Sängerpersonal standen fünf Vertreterinnen dieser heiklen Partie zur Verfügung. Jede von ihnen brachte eines der vielen Erfordernisse der Rolle mit, die man kaum jemals in vollkommener Darstellung erleben wird. In der ersten der Damen, die einen berühmten Namen trug, besaß die Oper eine Künstlerin von Emotion und Phantasie, die mich sehr beeindruckte. Leider aber war sie nicht mehr die jüngste, und ihre stimmliche Unvollkommenheit bewirkte, daß man von Glück sagen konnte, wenn sie nicht mehr als einen halben Ton zu tief sang. Eine andere Sängerin hatte eine wunderbare Stimme, jedoch eine unmögliche Figur; die dritte die untadelige Figur, aber keine hervorragende Stimme. Die vierte, die über die Stimme und Figur verfügte, war so kurzsichtig, daß sie ohne dicke Augengläser keinen Kontakt mit dem Dirigenten halten konnte. Eine junge, fünfte Sängerin vereinigte die schöne Stimme mit allen übrigen Erfordernissen, hatte aber keinerlei Gesangstechnik und Erfahrung. Sie war nur als Hoffnung auf die Zukunft verpflichtet worden. Dabei ist es denn auch geblieben.
Aus der Ferne war es unmöglich, eine Entscheidung über die wichtige Besetzung zu treffen. Zunächst schwieg ich einmal. Erst auf eine wiederholte Mahnung telegrafierte ich ärgerlich zurück: »Die Älteste«. So hatte ich Ruhe bis zu meiner Ankunft in Dresden, worauf ich nach gewissem Einblick in die dortigen Verhältnisse die Sängerin der Leonore bestimmen konnte. (…)
Als ich 1922 meine Stellung antrat, war jedes Bedenken vergessen, kein Schatten fiel auf die allgemeine Freude, die meine sowohl als die der anderen. Das Schicksal hatte mich in Dresden an einen Platz gestellt, an dem sich alle Voraussetzungen von Natur, Kunst und guter Tradition in seltener Weise vereinigten. Schon der äußere Anblick des Opernhauses stimmte die Erwartung hoch. Der Semperbau war ein Schatz von wirklich königlicher Schönheit. Das Stadtbild, das er, zusammen mit der phantasievollen Hofkirche, dem Zwinger, der Elbe und der Brühlschen Terrasse in geringer Entfernung, beherrschte, hatte nicht seinesgleichen. Von derselben Außerordentlichkeit war, was dies Opernhaus enthielt: sowohl der noble, festliche Zuschauerraum als der ausgedehnte Bezirk der Bühne, die alle erdenklichen technischen Vollkommenheiten und einen unvergleichlich reichen Fundus besaß.
Der Rahmen war hier gegeben, um nach Überwindung zeitbedingter Schwierigkeiten, deren Ende man abzusehen hoffte, die Dresdner Oper in alter Herrlichkeit wieder aufzubauen. Der ehrwürdige Orchesterkörper der Staatskapelle bestand unversehrt; seine Geschlossenheit, Virtuosität und klangliche Pracht hatten mich beim ersten Hören hingerissen. Meine Sorge mußte dem weit heikleren, zarteren und vergänglicheren Wesen des Sängerpersonals gelten, das sich nach Notzeit und Interregnum wie ein verwahrloster Garten ausnahm. Auch in diesem ungleichwertigen Bestand gab es eine Reihe einzigartiger Sänger-Darsteller, deren Format den Vorrang der Dresdner Oper vor den meisten anderen deutschen Bühnen rechtfertigte. Konnte man diese Künstler einmal in einer Besetzung vereinigen, so wurden Aufführungen verwirklicht, die meinem Glauben an die Möglichkeit idealer Operndarstellung neuen Ansporn gaben. Ich war mit meiner ganzen, noch jungen Kraft entschlossen, aus den gegebenen Bedingungen die höchste Leistung herauszuholen. (…)
Gemeinsam mit Reucker arbeitete ich fleißig, um zunächst dem Spielplan wichtige, in Dresden nicht bekannte oder selten aufgeführte Werke als festen Bestand einzufügen. Hierzu gehörte Verdis »Othello«, der seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben worden war und in sehr neuartiger Inszenierung herauskam. An diesem Verdi-Abend zeigten sich Anfänge eines Aufführungsstils, der sich Jahre später im »Maskenball« in Berlin zu möglichster Vollkommenheit entwickeln sollte. Einstweilen lag der Hauptunterschied zwischen meinen frühen Dresdner Opernerlebnissen und allen, die ich bisher gehabt hatte, in dem unvergleichlichen Glanz, den ihnen der Klang des Orchesters gab.“
Fritz Busch über Alfred Reucker, den Generalintendanten der Dresdner Staatstheater:

Alfred Reucker, Generalintendant der Dresdner Staatstheater
Foto: Historisches Archiv der Sächsischen Staatsoper Drseden – Ursula Richter
„Kurze Zeit vor meiner Berufung war Dr. Alfred Reucker aus Zürich zum Generalintendanten der Dresdner Staatstheater gewählt worden. Mit ihm habe ich elf Jahre, bis zu unserem gemeinsamen Abgang 1933, zusammengearbeitet. Reucker brachte für die sehr umworbene Dresdner Stellung, in die er hauptsächlich auf Seebachs Fürsprache berufen wurde, die umfassendste Kenntnis und Erfahrung mit, die man sich wünschen konnte. Theaterbesessen, hatte er sich mit sechzehn Jahren einer Wandertruppe angeschlossen und bald Anstellung an kleineren Bühnen gefunden; später wurde er in Prag der Mitarbeiter Angelo Neumanns, von dem er viel und Entscheidendes lernte. Danach war er etwa zwanzig Jahre lang Intendant in Zürich. Anspruchslos dem Leben gegenüber, kannte er nichts anderes als die Erfüllung der Pflicht, der er mit vollem Einsatz aller ihm gegebenen ungewöhnlichen Fähigkeiten diente.
Was er sich vorgenommen hatte, setzte er eigensinnig durch. Daß wir nicht immer einer Meinung waren, verstand sich bei der Gegensätzlichkeit unserer Naturen von selbst. War ich Reucker zu stürmisch, so pflegte er zu zitieren: »Wär‘ ich besonnen, hieß‘ ich nicht der Tell.«
Mir verbot schon der zwischen uns bestehende Altersunterschied von zweiundzwanzig Jahren, ihn auf meine Weise zu apostrophieren. (…)
Charakter und Wesen Reuckers waren untadelig; in seiner moralischen Sauberkeit und in der peinlichen Genauigkeit, mit der er das ihm anvertraute Gut verwaltete; so die Staatsgelder, ganz besonders, wo er sie in dienstlichen Angelegenheiten für sich selbst in Anspruch zu nehmen hatte.“
Fritz Busch über die Staatskapelle:
„Weit weniger problematisch als die Oper – sogar allzuwenig problematisch – erwiesen sich die zwölf jährlichen Sinfoniekonzerte, die mit der seltenen Ausnahme einiger Gastspiele von Richard Strauss, Siegmund von Hausegger, Otto Klemperer traditionsgemäß der alleinigen Leitung des Generalmusikdirektors unterstanden.
Der Geschmack des Konzertpublikums war durchaus konservativ. Meine fortgesetzten Bemühungen, die Dresdner Musiker und Musikliebhaber mit wertvollem zeitgenössischem Schaffen bekannt zu machen, stießen auf vollkommene, kalte Ablehnung. Man wollte die Klassiker und Romantiker hören, an denen man sich unermüdlich erfreute. Jedoch unterschied eine gewisse, selbstzufriedene Blasiertheit dieses Publikum deutlich von dem Stuttgarter, das sich jedesmal aufs neue überraschen ließ. Das Beste, die oft überragende Leistung der Kapelle, die den Musiker entzücken mußte, wurde als so selbstverständlich vorausgesetzt, daß nach der Sensation meiner ersten Konzerte nur wenige meiner Zuhörer sich noch in die Unkosten einer Ekstase stürzten.
Dem Herkommen gemäß fiel, im Gegensatz zum benachbarten Leipziger Gewandhaus, dessen Veranstaltungen regelmäßig Solisten aufwiesen, in den Konzerten der Dresdner Kapelle das Hauptgewicht auf Orchester und Dirigenten. Nur dann und wann erschienen international bekannte Pianisten wie Schnabel, Sauer, Egon Petri, Geiger wie Hubermann, Szigeti, der nicht lange hernach verstorbene Franz von Vecsey oder mein Bruder an diesen Abenden. (…)
Die herrlichen Dresdner Sinfoniekonzerte blieben für den größeren Teil des Publikums eine angenehme Beigabe zum winterlichen Musikleben; um mit Paul Bekker zu reden, mit den Möglichkeiten »gesellschaftsbildender Kraft«. Dresden war und blieb eine Theater-, mehr noch eine Opernstadt.“
• 28.2.1923
Modest Mussorgski
Dresdner Erstaufführung Boris Godunow
Dirigent: Fritz Busch
Regie: Issay Dobrowen
Bühnenbild: Andreas Chudjakoff
Boris: Robert Burg · dessen Sohn Feodor: Grete Merrem-Nikisch · Grigori: Tino Pattiera · Fürst Schuiskij: Ludwig Eybisch
Für Fritz Busch war die Produktion „das wichtigste Opernereignis“ 1922/23:
„Das geniale Werk errang einen ungewöhnlichen Erfolg. Mit ihm ist der »Boris Godunow« im deutschen Opernrepertoire heimisch geworden.
Auch das Ausland nahm von dieser Wiedererweckung Notiz, und die Dresdner Oper konnte als erste deutsche Bühne nach dem Kriege mit der »Boris«-Aufführung an den Internationalen Zürcher Festspielen 1923 mitwirken. Diesem Gastspiel sind später weitere in derselben Stadt sowie bei den Völkerbundstagen in Genf gefolgt.“
AUDIO & SZENENFOTOS
• 8.+9. / 11.+12. sowie 14. Juni 1923
Erste Grammophonaufnahmen mit der Staatskapelle Dresden in Weber’s Hotel am Dresdner Postplatz mit Werken aus dem aktuellen Repertoire.
Alle bekannten Veröffentlichungen tragen die Bezeichnung „Kapelle der Staatsoper Dresden“
⇒ DISKOGRAPHIE & WEITERE DETAILS

Jahrbuch der Sächsischen Staatstheater 1923/1924
Expressionistische Kohlestiftzeichnung und Heftgestaltung von Adolph Mahnke
[Leiter des Dekorationswesen]
1923/1924
Neue Engagements
„Darstellende Mitglieder des Opernhauses“
Damen:
Charlotte Schrader [1. Oktober 1923] · Charlotte Wolf [1. Januar 1924] · Eugenie Burkhardt [1. August 1924] · Margarethe Heyne-Franke [1. August 1924] · Adelma Tinty [1. August 1924]
Herren:
Heinrich Tessmer [ab 1. August 1923] · Alfons Eccarius [ab 1 August 1923 – bis 31. Juli 1924] · Sydney de Vries [1. August 1923 – bis 31. Juli 1924] · Ernst Meyerolbersleben [16. August 1923] · Josef Correck [ab 1. August 1924] · Heinrich Kuppinger [ab 1. August 1924] · Karl Jank-Hoffmann [ab 1. August 1924] · Theo Strack [ab 1. August 1924] · Adolf Schoepflin [ab 1. August 1924]
Gäste und Solisten in der Oper:
Pasquale Amato · Witold d´Antone · Hendrik Appels · Karl Armster · Margarethe Arndt-Ober · Rudolf Balve · Karl (Carl) Baum · Gerta Barby · Hanns Batteux · Elisabeth Bergmann · Hans Bergmann · Franziska Bender-Schäfer · Agnes von Bonkowska · Wilhelm Buers · Eugenie Burkhardt · Charlotte Boerner · Stephanie Bruck-Zimmer · Rudolf Bockelmann · George Baklanoff · Hans Batteux · Karin Branell · Bernhard Bötel · Sofie Brandstätter · Joseph Correck · Jaro Dworsky · Margarete Dorp · Gustav Dramsch · Karl Erb · Franz Egèneff · Alexis Af Enehjehm · Elsa Foerster · Ernestine Färber-Strasse · Elly Gladitsch · Claire Hansen-Schultheß · Luise Heß · Margarete Heyne-Franke · Albert Herrmanns · Benno Haberl · Maria Janowska · Rudolf Jäger · Peter Jonsson · Karl Jank-Hoffmann · Otto Janesch · Margarete Krämer Bergau · Alexander Kipuis · Heinrich Kuppinger · Karl Kamann · Eduard Kandl . Hans Lißmann · Fritz Lang · Margit von Lussan · Theodor Lattermann · Robert von der Linde · Adolf Lußmann · Xaver Mang · Fritz Neumeyer · Karsten Oerner · Carl Perron · Ernst Possony · Alfred Paulus · Hans Pokorny · Rudolf Ritter · Wilhelm Rode · Ilse Reimers · Wilhelm Rabot · Hidlegard Ranczak · Wanda Schnitzing · Paul Stieber-Walter · Johannes Sembach · Grete Sammler-Siegert · Paul Stiegler · Violetta de Strozzi · Johannes Scheurich · Heinz Schmitz · Julius vom Scheidt · Hanna Siegert · Max Spilker · Ljuba Senderowna · Adolf Schoepflin · Theo Strack · Franz Sauer · Hedwig Sevcik · Adelma Tinty · Talén Björn · Karl Tannert · Richard Tauber · Irma Weidel · Hermann Weil · Lotte Werther · Frieda Wolf · Friedrich Zohsel · Wilhelm Zilken · Walter Zimmer
Opern im Repertoire
d‘Albert: Tiefland · Andreae: Abenteuer des Casanova UA · Auber: Fra Diavolo
Beethoven: Fidelio · Bizet:
Carmen · Brandts-Buys: Die Schneider von Schönau
Flotow: Martha
Gluck:
Orpheus und Eurydike · Gounod: Margarete
Halevy: Die Jüdin
Kienzl: Der Evangelimann
Leoncavallo: Der Bajazzo · Lortzing: Zar und Zimmermann
Mascagni: Sizilianische Bauernehre · Mèhul: Joseph in Ägypten · Mussorgski: Boris Godunow
Mozart W. A.: Don Giovanni – Die Entführung aus dem Serail –
Figaros Hochzeit – Die Gärtnerin aus Liebe –
Die Zauberflöte
Nicolai: Die lustigen Weiber von Windsor
Offenbach: Hoffmanns Erzählungen
Paumgartner: Die Höhle von Salamanca UA · Pfitzner: Palestrina
Puccini: Bohème – Madame Butterfly – Tosca
Rossini: Der Barbier von Sevilla
Smetana:
Die verkaufte Braut · Strauß, Joh.:
Die Fledermaus
Strauss: Der Rosenkavalier – Salome
Tschaikowsky: Eugen Onegin
Verdi: Aida – Falstaff – Othello – Rigoletto – Violetta – Der Troubadour
Wagner: Der fliegende Holländer – Lohengrin –
Die Meistersinger von Nürnberg – Tannhäuser – Tristan und Isolde – Das Rheingold – Die Walküre – Siegfried – Götterdämmerung – Parsifal – Rienzi
Weber: Der Freischütz – Euryanthe · Wolf-Ferrari: Susannens Geheimnis
Fritz Buschs Pläne einer Verjüngung des Solistenensembles:
„In Dresden wurde lebendiges Theater gespielt — dies war das allgemeine, immer wieder auch von der auswärtigen Presse lebhaft bestätigte Urteil.
Wir brachten viele Werke junger Komponisten. Anläßlich des »Arlecchino« hatte mir Busoni seinen Schüler Kurt Weill empfohlen, dessen Kurzoper »Der Protagonist« in Dresden zur Uraufführung kam. Zu Weill gesellten sich Krenek, Hindemith, Brand und andere.
Die ebenso dringliche, für den normalen Opernbetrieb sogar noch wichtigere Aufgabe, möglichst vollkommene Wiedergaben des laufenden »klassischen« Repertoires zu erreichen, war schwieriger zu lösen. Insbesondere mußte ich mir einstweilen schweigend den Vorwurf gefallen lassen, daß ein augenscheinlicher Mangel an Liebe für Mozart ein bedauerlicher Fehler des neuen Operndirektors sei! Der Ursache jedoch, weshalb Mozarts Werke damals selten im Spielplan erschienen, wurde nicht Rechnung getragen. Sie lag in der Unvollständigkeit eines Solistenensembles, das zwar, wie nicht anders zu erwarten war, eine Reihe hervorragender Operndarsteller besaß, aber nicht über genügend junge und schöne Stimmen von ausreichender Kultur für die Darstellung Mozartscher Werke verfügte. Anderen Bühnen ging es ähnlich, meist schlimmer als uns. Wir begaben uns also auf die Suche nach jungen Talenten, mit unterschiedlichem Erfolg. Zweifellos mit dem, die »alte Garde« des Dresdner Sängerpersonals stark zu verstimmen. Um der Kunst zu dienen, setzte ich mich über viele menschlich begreifliche, aber unsachliche Gefühle von Mitarbeitern hinweg. Selber besaß ich keinen Sinn für Prestige oder persönliche Empfindlichkeit; ich konnte derlei auch bei anderen nicht verstehen und deshalb nicht schonen. Ich war kein Nörgler und Tadler von Natur, eher das Gegenteil. Allein ich war »unbefriedigt jeden Augenblick«, weil ich das Beste suchte und es nur selten fand.
Die Tore des Dresdner Opernhauses wurden einem jeden geöffnet, der sich Talent zutraute. In den ersten Jahren war ich so gläubig, besondere Entdeckungen auf diesem Gebiete machen zu können, daß ich täglich Vorsingen auf der Bühne veranstalten ließ und im Laufe der Zeit Tausende von Sängern persönlich prüfte. Was ich an wirklich brauchbarem Material fand, war nicht viel. Jedoch habe ich die bedauerliche Genugtuung erlebt, daß andererseits keiner der von mir abgelehnten Anwärter auf die Nachfolge der Großen es je zu etwas Nennenswertem an anderer Stelle gebracht hat. Man muß sich mit der Tatsache abfinden, daß ein dem Ideal einigermaßen nahekommender Sänger eine seltene Erscheinung ist.“
• 29. Oktober 1923
Richard Wagner
500. Vorstellung Lohengrin
• 20. November 1923
Bernhard Paumgartner
Uraufführung Die Höhle von Salamanca
Opera buffa in einem Akt
Dirigent: Bernhard Paumgartner
• 5. Januar 1924
Giuseppe Verdi
Neueinstudierung Falstaff
Dirigent: Fritz Busch
Falstaff: Robert Burg · Mrs. Meg Page: Helene Jung · Mrs. Quickly (Frau Fluth): Irma Tervani · Ännchen Ford: Grete Merrem-Nikisch · Alice Ford: Liesel von Schuch · Dr. Cajus: Heinrich Tessmer · Fenton: Ludwig Eybisch · Ford: Waldemar Staegemann · Pistol: Julius Puttlitz · Bardolph: Hanns Lange
• 17. Juni 1924
Volkmer Andreae
Uraufführung Abenteuer des Casanova
Vier Einakter von Ferdinand Lion
Dirigenten: Fritz Busch / Volkmer Andreae
Regie: Alfred Reucker
Bühnenbild und Kostüm: Leonhard Fanto – Entwurf: Max Hasait
Casanova: Waldemar Staegemann · Frau des Inquisitors: Eva von der Osten · Richter: Ludwig Ermold · Gräfin: Charlotte Wolf · Nina: Liesel von Schuch · Grisette: Angela Kolniak · Rapilly: Hanns Lange
⇒ SZENENFOTOS
1924/1925
Neue Engagements
Leiter der musikalischen Einstudierung: Erich Engel [ab 1. August 1925]
„Darstellende Mitglieder des Opernhauses“
Damen:
Erna Berger [ab 1. April 1925] · Meta Seinemeyer [ab 1. August 1925] · Berta Obholzer [ab 1. August 1925] · Margarete Pohl [ab 1. August 1925]
Herren:
Otto Sigmund [ab 1. August 1925] · Heinrich Hermanns [ab 25. August 1924] · Paul Schöffler [ab 25. August 1924]
Gäste:
Lotte Lehmann · Elisabeth Rethberg · Meta Seinemeyer · Richard Tauber
Fritz Busch zur Umsetzung einer Verjüngung des Solistenensembles und den Honorierungsproblemen von Starsängern:
„In dem Augenblick, in dem sich in Dresden die Schwierigkeiten sowohl in der Lösung der künstlerischen Probleme als im internen Betrieb häuften, sollte ich 1925 das Glück haben, einen Mitarbeiter zu finden, der mir die wesentlichste Hilfe leistete. Erich Engel war an der Charlottenburger Oper der musikalische Assistent von Leo Blech, Bruno Walter und anderen Dirigenten gewesen. Er hatte sich über die Grenzen seiner dortigen Arbeit hinaus – da ja überragende Leistungen, selbst in der Stille vollbrachte, selten unbekannt bleiben – einen ungewöhnlichen Ruf in der deutschen Opernwelt erworben. Unter Verzicht auf eine eigene Kapellmeisterlaufbahn benutzte er – ein besonderer Mensch in einer besonderen Stellung – seine vielseitigen Kenntnisse zur Entfaltung einer Tätigkeit, die mit seinem Amtstitel «Leiter der musikalischen Einstudierung« nicht erschöpft, kaum angedeutet ist. Bis zu unserem gemeinsamen Weggang von Dresden und während unserer langen Zusammenarbeit am Teatro Colón in Buenos Aires hat er seine Aufgabe auf unnachahmliche Weise erfüllt. Seine Kultur, sein Wissen und seine unbestechliche Sachlichkeit, verbunden mit dem zähesten Arbeitseifer, der sich denken läßt, machen Engel zu einer einmaligen Erscheinung.
Im wahren Sinne des Wortes »ein guter Engel«, nahm er nun auch jene Angelegenheit in seine Hände, die mich bisher meiner eigentlichen Aufgabe häufig entzogen hatten. Er regelte das bis dahin ungehemmte Vorsingen, dessen magere Ergebnisse in keinem Verhältnis zu der von mir aufgewendeten Zeit standen. Von nun an sonderten er und die beiden anderen Kapellmeister zunächst die Spreu vom Weizen, um mir nur die wirklichen Talente vorzuführen. Außerdem wurde jetzt für jedes Vorsingen eine Gebühr von zehn Mark zugunsten sozialer Zwecke erhoben. Hierdurch sollte unserer Bereitwilligkeit eine erträgliche Grenze gesetzt werden. (…)
Das Sängerpersonal vergrößerte und verbesserte sich im Laufe der Zeit bedeutend. Zu hervorragenden Vertretern einzelner Fächer, die noch von Schuch herangezogen worden und nun auf der Höhe ihres Könnens waren, traten der Koloratursopran Erna Berger, der Mezzosopran Martha Fuchs, der Tenor Max Lorenz sowie der gewaltige, früh unglücklich endende Baß Ivar Andresen. „
Fritz Busch zu Honorierungsproblemen von Starsängern:
„Es war nicht immer leicht, Geduld und Nerven zu behalten, wenn man sich täglich, trotz eines Stabes zum Teil hervorragender Mitarbeiter, mit dem Kleinkram des vielgestaltigen Opernwesens zu plagen hatte. Die Verhältnisse der führenden deutschen Opernbühnen wie Berlin, Dresden, Wien, München gestalteten sich einstweilen noch immer schwieriger. Einer der Gründe war, daß ihnen die Munifizenz und das dekorative Vermögen der Monarchen nicht mehr zur Seite standen. Wurde aber das unvermeidliche Defizit durch großzügige Zuschüsse von Staat oder Stadt abgelöst, so ließ sich doch der Anreiz von Titeln und Orden nicht kompensieren, der, wie sonderbar auch immer, früher für manchen Sänger den Ausschlag bei Vertragsverhandlungen gegeben hatte. Der Wettbewerb um die Verpflichtung wertvoller Künstler konnte sich gerade jetzt, wo Sparsamkeit oberstes Gesetz für den Staat war, nur durch gegenseitiges Überbieten des Gehalts auswirken, das dadurch bald ins Unglaubhafte ging. Es gelang schließlich der Initiative des soliden Reucker, beim Deutschen Bühnenverein eine Höchstgrenze von tausend Mark Abendhonorar stabilisierter Währung für das einzelne Auftreten vielbegehrter Sänger durchzusetzen. Schwindeleien und Schiebungen konnten aber nicht verhindert werden.“
Fritz Busch zu den politischen Auswirkungen der Inflation
„Um eine weitere Verlegenheit der Theaterleiter zu erwähnen: wer zahlt, will mitreden. War dies früher, je nach dem Verständnis des fürstlichen Mäzens, eine angenehme oder peinliche Beigabe gewesen, so erwies sich jetzt das Hineinreden einer ganzen, aus den mannigfachsten Individualitäten zusammengesetzten Körperschaft, wie sie Landtag und Stadtverordnete darstellten, als das weit größere Übel. Graf Seebach war nicht nur der erste, sondern in Dresden vielleicht der einzige, der schnell begriff, wie undankbar sich in diesen Nachkriegs Jahren die Aufgabe der Leitung einer großen Opernbühne gestaltet. Sein Sinn für Gerechtigkeit hat ihn stets veranlaßt, für Reucker und mich einzutreten, wenn sich Dummheiten oder Böswilligkeiten gegen uns breitmachten.
Rückhaltlose Bewunderung empfand ich trotz allem für die Selbstverständlichkeit, mit der Staat und Stadt in den härtesten Zeiten die Theater, denen kein Pfennig aus privaten Mitteln zufloß, aufrechterhielten. (…)
Bis zu dieser Zeit erschwerte die Inflationsatmosphäre das Leben wie die Kunst und trübte die Freude darüber, daß hie und da gelöste Fesseln einer überlebten Tradition dem Schaffen der Jungen und Neuen Raum gaben. Soziale, materielle und politische Not bedrückten einen jeden ohne Ausnahme. Diese Zeitumstände mit ihren vielen divergierenden Strömungen – im Deutschen Reichstag saßen Mitglieder von vierundzwanzig Parteien! – schufen den rechten Boden, auf dem jeder herbeigelaufene Schwätzer, jeder persönliche Interessen verfolgende Skribent seinen Mist abladen konnte. Eine Massenansammlung auf dem großen Opernplatz wollte eines Tages die Abendaufführung verhindern. Die zu diesem Zweck zu mir gesandte Abordnung ließ sich schließlich mit Vernunftgründen zur Einsicht bringen. Froh werden konnte man angesichts einer solchen Notlage des Landes natürlich nicht.“
Fritz Busch über Richard Strauss in Dresden
„Seit dem Jahre 1924 war Richard Strauss regelmäßiger Gast in Dresden. Außer den Uraufführungen von »Intermezzo« und der »Ägyptischen Helena« standen seine sämtlichen übrigen Bühnenwerke im Repertoire, meist als Neueinstudierungen, die er auch selbst als Gast dirigiert hat; mit der einzigen Ausnahme seiner Erstlingsoper »Guntram«, deren Partitur im Garten des Hauses in Garmisch vom Komponisten unter einem Marterl begraben ist. Die Inschrift lautet: »Hier ruht der ehr- und tugendsame Jüngling Guntram, Minnesänger, der vom symphonischen Orchester seines eignen Vaters grausam erschlagen wurde.«
Seine Vorliebe, sich in Dresden aufzuhalten, erhöhte sich dadurch, daß ein uns befreundeter, kunstbegeisterter älterer Junggeselle den des Hotellebens müden Künstler einlud, in seinem schönen, kultivierten Hause Wohnung zu nehmen. In dieser eigenen häuslichen Gepflogenheiten entsprechenden Umgebung, statt von gleichgültigen Kellnern von einem ausgezeichneten Diener betreut und im Genüsse aller Annehmlichkeiten, die der Lebensstil unseres damals sehr vermögenden jüdischen Freundes Albert Sommer ihm bot, hat sich Richard Strauss ganz besonders wohl gefühlt.“
• 26. September 1924
Richard Strauss
Dresdner Erstaufführung Josephslegende Ballett
Dirigent: Fritz Busch
Potiphars Weib: Ellen von Cleve-Petz · Joseph: Iril Gadescow · Sulamith: Susanne Dombois
⇒ SZENENFOTOS
• 11. Oktober 1924
Georg Friedrich Händel
Erstaufführung Xerxes
• 24. Oktober 1924
Zur Feier des 60 Geburtstages von Richard Strauss:
Sinfoniekonzert mit Werken von Richard Strauss unter Leitung des Komponisten
• 31. Oktober 1924
Richard Strauss
Feuersnot – Josephslegende
unter Leitung des Komponisten
• 1. November 1924
Richard Strauss
Salome
unter Leitung des Komponisten
• 2. November 1924
Richard Strauss
Rosenkavalier
• 4. November 1924
Richard Strauss
Uraufführung Intermezzo im Schauspielhaus
Dirigent: Fritz Busch
Regie: A. Mora
Bühnenbild: A. Mahnke
Kapellmeister Storch: Josef Correck
Christine: Lotte Lehmann / Grete Nikisch · Kapellmeister Stroh: Hanns Lange · Baron Lummer: Theo Strack · Kammersänger: Willy Bader · Justizrat: Adolf Schoepflin · Kommerzienrat: Ludwig Ermold · Notar: Robert Büssel · Dessen Frau: Elfriede Haberkorn · Anna: Liesel von Schuch
→ ERINNERUNGEN VON FRITZ BUSCH & SZENENFOTOS
• 29. November 1924
Hector Berlioz
Fausts Verdammnis
Auf Empfehlung von Fritz Busch gastiert erstmals die Sopranistin Meta Seinemeyer als „Last-Minute-Ersatz“ für die erkrankte Elisa Stünzner.
Meta Seinemeyers Name ist handschriftlich auf dem durchgestrichenen Namen von Stünzner vermerkt auf dem Programm ; es durchgestrichen und Seinemeyer Namen handschriftlich daneben.
Dirigent: Fritz Busch
Margarethe: Meta Seinemeyer · Faust: Adolf Lussmann · Mephistopheles: Adolf Schoepflin
• 9. Dezember 1924
Kurt Striegler
Uraufführung Hand und Herz
Oper nach dem Trauerspiel von L. Anzengruber
Dirigent: Kurt Striegler
Regie: A. Mora
Görg Friedner: Fritz Vogelstrom · Paul Weller: Friedrich Plaschke · Kathrein: Eva Plaschke von der Osten · Margareth: Elfriede Haberkorn · Pater Augustin: Karl Jank-Hoffmann · Moses: Hanns Lange · Magd: Adelma von Tinty · Jakob: Robert Büssel · Senner: Willy Bader
Die Sopranistin Meta Seinemeyer singt als Gastsolistin die Agathe im „Freischütz“ [13. Januar], die Eva in den „Meistersingern“ [17. Januar], die Pamina in der „Zauberflöte“ [21. Januar], die Rosalinde in der „Fledermaus“ [22. Januar] und die Elsa in „Lohengrin“ [28. Januar].
• 31. Januar 1925
Umberto Giordano
Erstaufführung Andrea Chénier
Dirigent: Fritz Busch
Regie: Georg Toller
Chénier: Tino Pattiera
Maddalena: Meta Seinemeyer · Gérard: Friedrich Plaschke · Gräfin di Coigny: Helene Jung · Bersi: Adelma von Tinty · Roucher: Willy Bader · Matthieu: Ludwig Ermold · Madelon: Elfriede Haberkorn · Incroyable: Hanns Lange · Pietro Fléville: Rudolf Schmalnauer · Abt: Ludwig Eybisch · Schmidt: Robert Büssel · Major-domo: Wilhelm Moy · Dumas: Heinrich Hermanns · Öffentliche Ankläger: Julius Puttlitz und Paul Schöffler · Filandro Farinelli: Rolf Schroeder
AUDIOS
• 1. April 1925
Die Sopranistin Erna Berger wird engagiert
• 2. April 1925
Ermanno Wolf-Ferrari
Deutsche Uraufführung Das Liebesband der Marchesa (Gli amanti sposi / Die verheirateten Liebhaber).
Dirigent: Fritz Busch
Regie: A. Mora
Marchesa: Elisa Stünzner · Madame Floris: Irma Tervani · Visconte Filidoro: Robert Burg · Cavaliere Giacinto: Max Hirzel
• 6. April 1925
Giacomo Puccini Tosca
Rollenübernahme der Tosca durch Meta Seinemeyer
Dirigent: Fritz Busch
Tosca Meta Seinemeyer · Cavaradossi: Karl Jank-Hoffmann · Scarpia: Friedrich Plaschke · Sacristan: Ludwig Ermold
AUDIOS & ROLLENFOTOS
• 18. April 1925
Richard Wagner
Neueinstudierung: Walküre
Erstmals mit Meta Seinemeyer in Dresden als Sieglinde
Dirigent: Hermann Kutschbach
Regie: Georg Toller
Sieglinde: Meta Seinemeyer · Siegmund: Fritz Vogelstrom / Curt Taucher · Brünnhilde: Eva Plaschke von der Osten · Wotan: Friedrich Plaschke · Fricka: Lotte Dürwald
AUDIOS
• 26. April 1925
Giuseppe Verdi
Neueinstudierung Othello
Dirigent: Fritz Busch
Othello: Tino Pattiera · Desdemona: Meta Seinemeyer
AUDIO
• 21. Mai 1925
Feruccio Busoni
Uraufführung Doktor Faust
Regie: Alfred Reucker
Bühnenbild: K. Dannemann
Faust: Robert Burg
Mephistopheles: Theo Strack · Herzog von Parma: Josef Correck · Herzogin von Parma: Meta Seinemeyer · Zeremonienmeister: Adolf Schoepflin · Poet: Erich Ponto · Wagner: W. Bader
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• Juni 1925
Die Dresdner Oper gastiert mit Richard Strauss‘ „Intermezzo“ anlässlich der Festspiele in Zürich
• 28. Juni 1925
Richard Wagner
600. Vorstellung des Tannhäuser
Elisabeth: Meta Seinemeyer · Tannhäuser: Curt Taucher · Wolfram: Rudolf Bockelmann · Landgraf Hermann: Adolf Schoepflin · Venus: Charlotte Viereck-Kimpel
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• 1. August 1925
Die Sopranistin Meta Seinemeyer wird engagiert
1925/1926
Neue Engagements
„Darstellende Mitglieder des Opernhauses“
Damen:
Julia Röhler [15. Juni 1926] · Grete Veitl [ab 1. August 1926] · Erna Andreae [ab 1. August 1926] · Claire Born [ab 1. August 1926] Maria Cedron [ab 1. August 1926] · Anne Roselle [29. August 1926]
Herren:
Ivar Andrésen [ab 1. August 1926] · Guiglielmo Fazzini [ab 1. August 1926] · Jaro Dworsky [ab 1. August 1926]
Abgang:
Margarethe Pohl · Inah Galli · Margarete Heyne Franke · Charlotte Schrader · Otto Sigmund · Karl Jank-Hoffmann · Josef Correck · Heinrich Hermanns
Alois Mora Oberspielleiter
• 5. Oktober 1925
Giacomo Puccinis Tosca zum 100. Male
• 12. Oktober 1925
Jaques Halévys Jüdin zum 100. Male
• 24. Oktober 1925
Eduard Poldini
Deutsche Uraufführung Hochzeit im Fasching (Farsangi Lakodalom)
Libretto von Ernő Vajda in der deutschen Übertragung von Béla Diósy
Dirigent: Hermann Kutzschbach
Regie: A. Mora
Bühnenbild: A. Pätz, M. Hasait
Kostüme: L. Fanto
Gutsbesitzer Peter: Ludwig Ermold · Dessen Frau: Eva Plaschke · Tochter Susika: Angela Kolniak · Gräfin: Helene Jung · Gardeoberst Zoltán: Robert Burg · Student Kálmán: Otto Sigmund
• 24. November 1925
Albert Lortzings Zar und Zimmermann zum 300. Male
• 2. Dezember 1925
Jaap Kool
Uraufführung Die Elixiere des Teufels. Ballett (Pantomime) nach E. T. A. Hoffmann, bearbeitet von E. Cleve-Petz
Dirigent: Kurt Striegler
Regie: G. Kiesau
Choreographie: E. Cleve-Petz
Bühnenbild: A. Mahnke
Kostüme: L. Fanto
Aurelie: Ellen von Cleve-Petz · Medardus: Felix Steinböck · Belcampo: Erich Ponto · Graf Victorin: Gino Neppach · Heilige: Susanne Dombois
Die Uraufführung wurde kombiniert mit:
Ermanno Wolf-Ferarri
Neueinstudierung Susannens Gehemnis
Intermezzo in einem Akt
• 14. Dezember 1925
Joseph Lederer
Uraufführung Unter vier Augen
Lustspiel nach dem gleichnamigen Einakter von Ludwig Fulda, von Johanna M. Lankau
• 10. Januar 1926 mittags 12.00 Uhr Semperoper
Uraufführung des Kinofilms „Der Rosenkavalier“
nach der gleichnamigen Oper mit der Musik von Richard Strauss
Dirigent: Richard Strauss – Staatskapelle Dresden
Film-Regie: Robert Wiene
Drehbuch: Ludwig Nerz und Robert Wiene (nach Hugo von Hofmannsthal)
Marschallin: Huguette Duflos · Oktavian: Jaque Catelain · Baron Ochs von Lerchenau: Michael Bohnen · Marschall: Paul Hartmann · Annina: Carmen Cartellieri · Valzacchi: Friedrich Féher · Sophie: Elly Felicie Berger · Faninal: Karl Forest Kamera: Hans Theyer, Hans Androschin, Ludwig Schaschek
Filmvorführer: Hans Androschin
Originallänge: 2996 m (=115’ bei 22 b/sec)
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• 13. Januar 1926
Richard Strauss dirigiert die Staatskapelle Dresden:
Tod und Verklärung
• 4. März 1926
Wolfgang Amadeus Mozart
Erstaufführung Die Verliebten
Ein Spiel aus galanter Zeit Ballettpantomime von Ellen von Cleve-Petz
Choreographie: E. Cleve-Petz
Ninon: Cleve-Petz · Ihr Liebster Cherubin: Hilde Schlieben · Frau von Buriba: Ella Slenka · Herr von Baribu: Gino Neppach
Die Erstaufführung wurde kombiniert mit „Xerxes“ von Georg Friedrich Händel – am 11.10.1924 erstaufgeführt)
• 20. März 1926
Giuseppe Verdi
Deutsche Uraufführung Die Macht des Schicksals in der Werfelschen Fassung
Dirigent: Fritz Busch
Regie: Alois Mora
Bühnenbild: Arthur Pältz, Max. Hasait
Kostüme: Leonhard Fanto
Marchese von Calatrava: Willy Bader · Donna Leonore: Meta Seinemeyer · Don Carlo di Vargas: Robert Burg · Alvaro: Tino Pattiera · Pater Guardian: Friedrich Plaschke / Ivar Andresen · Fra Melitone: Ludwig Ermold · Preziosilla: Grete Nikisch / Angela Kolniak · Mastro Trabuco: Heinrich Teßmer · Alcade: Robert Büssel · Chirurgus der Spanisch-italienischen Truppen: Paul Schöffler · Kammerzofe Curra: Elfriede Haberkorn · Laienbruder: Emil Piehler
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• 27. März 1926
Kurt Weill
Uraufführung Der Protagonist
Dirigent: Fritz Busch
Regie: Josef Gielen
Bühnenbild: Adolf Mahnke
Einrichtung: Max Hasait
Kostüme: Leonhard Fanto
Protagonist: Curt Taucher · Schwester: Elisa Stünzner · Der junge Herr: Paul Schöffler · Der Hausmeister des Herzogs: Ludwig Eybisch · Der Wirt: Adolf Schoepflin · Erster, Zweiter, Dritter Schauspieler: Robert Büssel, Rudolf Schmalnauer, Elfriede Haberkorn
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• 14. April 1926
Alfredo Casella
Erstaufführung Der große Krug (La giara)
Choreographische Komödie in einem Akt von nach der gleichnamigen Novelle von Luigi Pirandello. (gemeinsam mit „Der Protagonist“ von Kurt Weill)
Dirigent: Fritz Busch
Choreographie und Regie: E. von Cleve-Petz
Bühnenbild: A. Pältz, M. Hasait
Kostüme: L. Fanto
Gutsbesitzer Don Lollò Zirafa: Robert Büssel · Dessen Tochtere Nela: Ellen von Cleve-Petz · Einer der Freunde der Töchter: Gino Neppach
• 19. Mai 1926
Alfred Schattmann
Uraufführung Die Hochzeit des Mönchs
Oper auf einen Text von A. Ostermann nach K. F. Meyer.
Dirigent: Fritz Busch
Astorre: Curt Taucher · Antiope: Elisa Stünzner · Diana: Eugenie Burkhardt · Graf Pizzaguerra: Hanns Lange · Ezzelin: Adolf Schoepflin · Germano: Paul Schöffler · Bruder Franziskus: Willy Bader
• 19. Juni 1926
Peter Tschaikowskis Eugen Onegin zum 100. Male
• 4. Juli 1926
Giacomo Puccini
Deutsche Uraufführung Turandot
Dirigent: Fritz Busch
Regie: Issai Dobrowen
Chöre: Karl Pembauer
Bühnenbilder: Leonhard Fanto und Max Hasait
Turandot: Anne Roselle · Altoum: Waldemar Staegemann · Timur: Willy Bader · Kalaf: Richard Tauber · Liu: Jilia Röhler · Ping, Kanzler: Paul Schöffler · Pang, Marschall: Heinrich Teßmer · Pong, Küchenmeister: Otto Sigmund · Mandarin: Ludwig Ermold · Prinz von Persien: Gino Neppach
• 17. Juli 1926
Carl Maria von Webers Freischütz zum 800. Male
1926/1927
• 3. Oktober 1926
Wolfgang Amadeus Mozart
Neueinstudierung Die Hochzeit des Figaro
Dirigent: Fritz Busch
Regie: O. Krauß
Bühnenbild: A. Mahnke
Kostüme: L. Fanto
Gräfin: Meta Seinemeyer · Graf Almaviva: Robert Burg · Susanna: Liesel von Schuch · Figaro: Ludwig Ermold
• 30 Oktober / 9. November 1926
Paul Hindemith
Uraufführung Cardillac 5 Aufführungen
Dirigent: Fritz Busch · Regie: Issai Dobrowen · Choreinstudierung: Karl Pembauer · Bühnenbild: Raffaelo Busoni
Goldschmied Cardillac: Robert Burg · Tochter: Claire Born · Offizier: Max Hirzel · Goldhändler: Adolf Schoepflin · Kavalier: Ludwig Eybisch · Dame: Grete Nikisch · Führer der Prévoté: Paul Schöffler · König: Gino Neppach
„Cardillac“ wurde vom Dresdner Publikum nur verhalten aufgenommen. Die „Sächsische Staatszeitung“ beschreibt Hindmiths Musik als „kühlen Intellektualismus“. Der „Dresdner Anzeiger“ urteilt, dass die Solisten „im Bezwingen der sinnlosen technischen Schwierigkeiten“ ihre Musikalität nicht vollständig ausschöpfen konnten. Nach fünf Aufführungen einschließlich der Uraufführung wurde die Oper aus dem Spielplan genommen.
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• 12.September 1926
Zweiter Grammophon-Aufnahmetermin der Staatskapelle Dresden mit Fritz Busch als Dirigent.
• 27. November 1926
Luigi Cherubini
Deutsche Uraufführung Don Pistacchio, der dreifach Verlobte [La sposo di tre, marito di nessuna]
Burleske Oper in drei Aufzügen. Text frei nach dem Italienischen des Filippo Livigni für die deutsche Bühne bearbeitet von Hans Teßmer
Dirigent: Hermann Kutzschbach
Don Pistacchio: Walter Staegemann
Baronin Rosa: Angela Kolniak
Don Martino: Jaro Dworsky
Baronin Lisetta: Julia Röhler
Don Simone: Ludwig Ermold
Bettina: Erna Berger
Folletto: Paul Schöffler
1927
• 8. Januar 1927
Othmar Schoeck
Uraufführung Penthesilea
Oper in einem Aufzug auf einen Text von Hans Corrodi nach Heinrich von Kleist.
Dirigent: Hermann Kutzschbach
Regie: W. Staegemann
Bühnenbild: A. Pältz
Kostüme: L. Fanto.
Penthesilea: Irma Tervani
Oberpriesterin: Elfriede Haberkorn
• 13. Januar 1927
Emil Nikolaus Freiherr von Reznicek
Choreographische Uraufführung Tanz-Sinfonie „Marionetten des Todes“ in vier Sätzen von (Sinfonie Nr. 5 fis-Moll, 1925).
Handlung in vier Bildern von Ellen von Cleve-Petz.
Choreographie und Regie: E. von Cleve-Petz
Dogaressa: Susanne Dombois · Junger Herzog: Gino Neppach
• 17. Februar 1927
Paul Graener
Uraufführung Hanneles Himmelfahrt
Text von Georg Gräner nach dem gleichnamigen Stück von G. Hauptmann
Dirigent: Fritz Busch
Regie: Werner Staegemann
Bühnenbild: A. Pältz
Kostüme: Leonard Fanto
Hannele: Erna Berger · Lehrer Gottwald / Der Fremde: Curt Taucher · Schwester Martha, Diakonissin / Erscheinung der verstorbenen Mutter: Helene Jung · Maurer Matern, Hanneles Vater: Ludwig Ermold · Dorfschneider: Heinrich Tessmer · Tulpe / Ein Engel: Elfriede Haberkorn · Engel: Maria Cedron und Erna Andreae · Schwarzer Engel: Gino Neppach
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1927/1928
Neue Engagements
„Darstellende Mitglieder des Opernhauses“
Damen:
Sophia Scheidhacker [1. August 1927-31. Juli 1928] · Helen Sigrid Rothermel [16. März 1928] · Eva Johnn [16. Mai 1928] · Hildegard Weigel [1. August 1928]
Herren:
–
Gäste:
Rose Pauly-Dresen · Maria Rajdl · Elisabeth Rethberg
Abgang:
Maria Cedron · Fritz Vogelstrom · Sophia Schroeder-Scheidhacker · Ernst Meyerolbersleben · Karl Köstler
Gestorben:
Karl Perron [15. Juli 1928]
• 27. September 1927
Wolfgang Amadeus Mozart
Erstaufführung Cosi fan tutte in der Übersetzung des Librettos von Hermann Levi unter Benutzung der Übersetzungen von Eduard Devrient und C. Niese
Dirigent: Fritz Busch
Regie: O. Erhardt
Bühnenbild und Kostüme nach Entwürfen von: Bernhard Pankok
Tänze: E. von Cleve-Petz · Fiordiligi: Meta Seinemeyer · Dorabella: Grete Nikisch · Despina: Liesel von Schuch · Guglielmo: Paul Schöffler · Ferrando: Max Hirzel · Don Alfonso: Ludwig Ermold
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• 29. Oktober 1927
Ernst Krenek
Erstaufführung Jonny spielt auf
Dirigent: Hermann Kutzschbach
Regie: Otto Erhardt
Bühnenbild-Entwürfe: Oskar Strnad
Bühnenbild-Einrichtung: Max Hasait
Kostüme: Oskar Strnad
Choreinstudierung: Karl Pembauer
Tänzerische Einstudierung: Ellen von Cleve-Petz
Komponist Max: Curt Taucher · Sängerin Anita: Elisa Stünzner · Jazzband-Geiger Jonny: Waldemar Staegemann · Violinvirtuose Daniello: Rudolf Schmalnauer · Stubenmädchen Yvonne: Liesel von Schuch · Manager: Ludwig Ermold · Hoteldirektor: Ludwig Eybisch · Bahnangestellter: Ernst Meyerolbersleben · Polizisten: Heinrich Teßmer, Robert Büssel, Julius Puttlitz · Stubenmädchen: Erna Frese · Ein Groom: Alice Loos · Nachtwächter im Hotel: Martin Tschampel · Polizeibeamter: Wilhelm Oberkampf · Ladenmädchen: Marianne Ehrlich
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• 24. November 1927
Jan Brandts-Buys
Uraufführung Traumland
Opern-Idylle in drei Akten. Text von Jan Brandts-Buys
Dirigent: Hermann Kutzschbach
Regie: W. Staegemann
Choreographie: E. von Cleve-Petz.
Schulmeister: Max Hirzel
Schloßfräulein / Märchenkönigin: Elisa Stünzner
Schuldiener / Bürgermeister: Willy Bader
Sphinx: Helene Jung
• 20. Dezember 1927
Wolfgang Amadeus Mozart
Neueinstudierung Die Entführung aus dem Serail
Dirigent: Hermann Kutzschbach
Regie: O. Erhardt
Bühnenbild: A. Pältz, M. Hasait
Tänze: E. von Cleve-Petz
Konstanze: Jenny Jungbauer a. G.
Belmonte: Max Hirzel
Blondchen: Erna Berger
Pedrillo: Heinrich Tessmer
Bassa Selim: Rudolf Schmalnauer
Osmin: Ivar Andrésen
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1928
• 6. Juni 1928
Richard Strauss
Uraufführung Die ägyptische Helena
Dirigent: Fritz Busch
Helena: Elisabeth Rethberg
Menelas: Curt Taucher
Hermione: Anneliese Petrich
Aithra: Maria Rajdl
Altair: Friedrich Plaschke
1928/1929
• Sommer 1928
Fritz Buschs Pläne für eine Dresdner Opernschule
Fritz Buschs „zweite Amerikareise hatte zu Berührung und Freundschaft mit Vertretern der amerikanischen Intelligenz, vor allem natürlich Musikern, geführt. Diese persönliche Verbindung im Zusammenhang mit dem Ruf der Dresdner Staatsoper veranlaßte Damrosch – immer noch voll jugendlicher Initiative und neuer Ideen – zu einem höchst interessanten Plan. Er bewog die Juilliard Foundation mit ihren reichen Mitteln zu dem Entschluß, in Dresden eine der Staatsoper anzugliedernde amerikanische Opernschule ins Leben zu rufen. Eine Auswahl der ungezählten jungen amerikanischen Gesangstalente sollte dort mit der deutschen Operntradition bekannt gemacht werden und durch Teilnahme an den Aufführungen Stilkenntnis und Erfahrung erlangen. Auch einheimischen Begabungen würden Möglichkeiten offenstehen. Der großzügige Gedanke, von dem ich begeistert glaubte, ihn Dresden als ein willkommenes Reiseangebinde aus den Staaten mitzubringen, scheiterte an der Engherzigkeit und lokalpatriotischen Gewinnsucht der Behörden. Die verständnislose Verblüffung, mit der ich die egoistischen und kleinlichen Argumente hinnahm, die gegen die Sache ins Treffen geführt wurden, bewies meine Unkenntnis menschlicher Schäbigkeit, die mir noch nahe den Vierzig eigen war. Anstelle des gescheiterten Unternehmens wurde immerhin ein privater, auf dem Grunde beiderseitiger freundschaftlicher Hochachtung begründeter amerikanischer Gesangskurs geschaffen, der einen Gewinn für Dresden und für uns bedeutete. Seit dem Sommer 1928 kam, wie das viele seiner Landsleute regelmäßig taten, der New-Yorker Gesangspädagoge William Vilonat, begleitet von seinem gescheiten Assistenten Sidney Dietch, alljährlich nach Dresden. Immer auf der Suche nach Talenten und besonders an schönen Stimmen interessiert, war ich in New York in Verbindung mit bekannten Gesangslehrern getreten, die ihrerseits alles Interesse daran hatten, mir ihre gereiften Schüler vorzuführen. (…)
Zu den Meistern gehörte [Willioam] Vilonat. Bewußtes Können verband sich bei ihm mit der intuitiven Sicherheit, die Möglichkeiten und Grenzen einer Stimme zu erkennen und das Letzte an Qualität aus ihr herauszuholen. Seine vielseitige Kultur, seine mit charmantem Humor verbundene Aufgeschlossenheit und eine seltene Gabe, sich Menschen zu erobern, machten ihn zu einer höchst anziehenden Persönlichkeit. Eine Schar ihn vergötternder Mägdlein und Jünglinge pflegte ihm nach Dresden zu folgen und eine Atmosphäre ähnlich der von Hermann Bahrs »Konzert« mit sich zu bringen. Allein die ernste Würde des ungemein tätigen Mannes hielt die jungen Leute in gebührender Form. (…)
Am Ende des Dresdner Studienkursus sangen die Schüler alljährlich in der Oper vor. Ein junger, hübsch aussehender Mensch begann bereits die ersten Takte Wolframs: »Wie Todesahnung Dämmrung deckt die Lande« ohne das übliche Lampenfieber, stimmlich und im Ausdruck so schön, daß ich sein sofortiges Engagement vorschlug. Es war Nelson Eddy, der zu unserem Leidwesen den angebotenen Vertrag nicht annahm – ein für Dresden nicht alltäglicher Fall. Eddy soll, wie ich höre, später günstige Verdienstmöglichkeiten in Hollywood gefunden haben.“
• 17. Dezember 1928
Peter Cornelius
Neuinszenierung: Der Barbier von Bagdad
Dirigent: Fritz Busch
Regie: Otto Erhardt
Margiana: Meta Seinemeyer · Nureddin: Curt Taucher · Bostana: Helene Jung · Barbier: Ivar Andrésen
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1929
• 26. Januar 1929
Peter Tschaikowski
Erstaufführung: Pique Dame
Dirigent: Fritz Busch
Regie: O. Erhardt
Bühnenbild und Kostüme: E. Preetorius
Hermann: Tino Pattiera · Graf Tomsky: Friedrich Plaschke · Fürst Jeletzki: Robert Burg · Narumoff: Robert Büssel · Tschaplizki: Heinrich Tessmer · Lisa: Meta Seinemeyer · Gräfin: Irma Tervani
Für die – von Fritz Busch entdeckte und hochverehrte – Sopranistin Meta Seinemeyer wurde die Lisa in Pique Dame zu einer ihrer letzten großen Partien.
Sie stirbt knapp sieben Monate später in Dresden an Leukämie.
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• 19. August 1929
Tod der 33-jährigen Sopranistin Meta Seinemeyer in Dresden
1929/1930
• x. xx 1930
Othmar Schoeck
Uraufführung Vom Fischer und syner Fru
• x. xx 1930
Reznicek
Uraufführung Spiel oder Ernst
1931
• 25. Februar 1931
Livemitschnitt der europaweiten Rundfunkübertragung des Konzertes der Staatskapelle Dresden in der Berliner Philharmonie. Es handelt sich dabei vermutlich um die erste erhaltene Aufzeichnung einer Live-Übertragung!
Johannes Brahms: 2. Sinfonie
Dirigent: Fritz Busch
⇒ Weitere Details in Edition Staatskapelle Dresden Vol. 30
Fritz Busch über die Folgen der Tournee
„Mit Miecislaw Horszowski, einem feinen Musiker und Pianisten, den ich in Mailand im Hause Toscaninis kennengelernt hatte, als Solist dirigierte ich 1932 ein Konzert in Berlin und zog hierfür die Dresdner Staatskapelle heran. Obwohl mir der Plan nichts als Mühe und Ärger einbrachte, wollte ich ihn nicht aufgeben. Die erforderliche Verstärkung für die gleichzeitige Opernaufführung in Dresden rekrutierte Kutzschbach aus Schülern und Schülerinnen der Orchesterschule der Sächsischen Staatskapelle. Ob scherzhaft, ob geistesabwesend, hatte er den jungen Damen auf Befragung erwidert, sie hätten im Smoking zu spielen – ein um so harmloserer Mißgriff, als dank des versenkten Orchesters die »törichten Jungfrauen« vom Publikum nicht erblickt werden konnten. Die lächerliche Sache, die in meiner Abwesenheit und ohne mein Wissen erfolgte, brachte mir trotzdem einen Mißtrauensantrag der Nazipartein im Landtage ein. Kutzschbach gab seinen Fehler zu, entschuldigte sich bei mir und war bereit, die Angelegenheit öffentlich aufzuklären. Mir schien das nicht der Mühe wert.
Ich wunderte mich auch nicht weiter, Überschriften in den Dresdner Skandalblättern zu finden, wie: »Der Mann mit den seltsamen Neigungen« – und ähnlichen Unsinn mehr. Dresden hielt mit der Anzahl derartiger Blätter übrigens den Rekord in der deutschen Schmutzpresse. Informationsquelle der Nazizeitungen war der zweite Souffleur der Staatsoper.
Reucker hatte für diese Stellung im Herbst 1932 einen Dr. Börner verpflichtet. Vom Augenblick seines Eintritts in das Institut begannen Indiskretionen jeder erdenklichen Art ihren Weg in die Öffentlichkeit zu nehmen, wobei es sich keineswegs nur um meine Person, vielmehr um den innersten und geheimsten Betrieb des Verwaltungsapparates sowohl als der künstlerischen Leitung handelte. Einzelheiten, die nur Eingeweihten bekannt waren, erschienen am Tage nach Sitzungen, gehässig glossiert, in dem örtlichen Naziblatt Der Freiheitskampf.
In den Märztagen 1933 lüftete sich das Inkognito des Herrn Börner auf glorreiche Weise. Es zeigte sich, daß er, obzwar kein Doktor, doch in der Tat der oberste Nazispitzel war – die erste »Zelle«, die man in den Staatstheatern eingesetzt hatte.“
• Engagement der Sopranistin Maria Cebotari für die verstorbene Meta Seinemyer
• Frühjahr 1931
Richard Strauss arbeitet intensiv an „Arabella“ und widmet die Partitur dem Generalintendanten der Dresdner Staatstheater, Alfred Reucker, sowie Fritz Busch.
„Die Beziehungen zwischen Strauss und mir [Fritz Busch] hatten sich herzlich, ja freundschaftlich gestaltet und sollten noch enger dadurch geknüpft werden, daß er seine »Arabella« Dr. Reucker und mir als Repräsentanten der Dresdner Oper gemeinsam gewidmet hatte. Strauss erkannte meine Mitarbeit als Dirigent seiner Werke bei jeder Gelegenheit mit außerorden¬licher, fast überschwenglicher Wärme an. Meinerseits bewunderte ich seine Künstlerschaft, seine immer wieder verblüffende Begabung viel zu sehr, als daß ich mich wesentlich an seinen weniger sympathischen Eigenschaften gestoßen hätte. Sie äußerten sich mit einer derart naiven Offenheit, waren so frei von Verschlagenheit oder muffiger Berechnung, daß man sie kaum übelnehmen konnte.
Vorkommnisse, die sich einige Monate vor der Uraufführung der »Ägyptischen Helena« ereigneten, hätten mich warnen sollen: An ihnen zeigte sich die Skrupellosigkeit, deren Strauss fähig war. Jedoch machte ich mir nicht klar, wohin sie zu gegebener Zeit führen mußte. Er, der innerlich nur in krassem Widerspruch zur nationalsozialistischen Ideologie stehen konnte, hat in der Praxis einen ihrer Leitsätze um Jahrzehnte vorausgenommen: »Recht ist, was mir nutzt.« „
• 15. April 1931
Giacomo Puccini
Die Bohème
Debütvorstellung von Maria Cebotari als Mimi mit Fritz Busch eigens dafür am Dirigentenpult
Musikalische Leitung: Fritz Busch
Spielleitung: Waldemar Staegemann
Rudolf, Dichter: Max Hirzel · Schaunard, Musiker: Ludwig Ermold · Marcell, Maler: Paul Schöffler · Collin, Philosoph: Kurt Böhme · Bernard, Hauswirt: Hanns Lange · Mimi: Maria Cebotari · Musette: Elsa Wieber · Parpignol: Spielwarenverkäufer: Richard Koß · Alcindor: Rudolf Schmalnauer · Sergeant der Zollwache: Emil Piebler · Zollwächter: Julius Puttlit
Als die von Frotz Busch entdeckte Maria Cebotari 1931 in der Partie der Mimi debütierte, trat der Dresdner Generalmusikdirektor selbst ans Pult, um ihr zu einem optimalen Start zu verhelfen. Und das, obwohl er die „Bohème“ bis dahin in Dresden nie dirigiert hatte.
AUDIO & WEITERE DETAILS
1932
• Herbst 1932
Tonfilmproduktion der „Tannhäuser“-Ouvertüre im Zuschauerraum der Semperoper
Dirigent: Fritz Busch · Regie: Franz Schreker
Wagners Tannhäuser-Ouvertüre als Kino-Tonfilm aus dem Jahr 1932. Der Kino-Verleih des Films wurde schon 1933 – gleich nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten – von der Reichsfilmkammer (RFK) verboten!
Ausschnitt aus der DVD-Dokumentation zu Leben und Wirken des Dresdner Generalmusikdirektors Fritz Busch, erschienen in der „Edition Staatskapelle Dresden“ als Vol. 30.
• x. xx 1932
Kurt Striegler
Uraufführung Dagmar
• x. xx 1932
Eugen d‘ Albert
Uraufführung Mister Wu
1933
• Februar 1933
Die Schweigsame Frau
Richard Strauss liest Fritz Busch die Dichtung seiner »Schweigsamen Frau« vor.
„Danach setzte er [Strauss] sich an den Flügel, zog sein Skizzenbuch aus der Tasche und spielte den Schluß des Werkes für uns.“
Fritz Busch über den Nationalsozialismus
„Die (…) von mir in aller Öffentlichkeit zum Thema »Nationalsozialismus« getanen Äußerungen wurden, wie sich im März 1933 herausstellte, eifrig von meiner Umgebung aufgezeichnet und ergaben schließlich eine Anklageschrift von vielen Schreibmaschinenseiten, die in der deutschen Theaterwelt längst allgemein verbreitet war, bevor es mir selbst mit vieler Mühe gelang, sie zu Gesicht zu bekommen. Die dort von Zuträgern der Partei, den sogenannten »Zellen«, gewissenhaft festgehaltenen Bemerkungen gemacht zu haben, konnte ich nicht leugnen. Im Laufe des Jahres 1932 hatte die’Partei begriffen, daß sie auf meine Mitwirkung beim Aufbau ihres Dritten Reiches nicht zählen konnte. Nach dem übernommenen Grundsatz: »Wer nicht mit mir ist, ist wider mich« gab sie die bisher abwartend wohlwollende Haltung auf und ging zur Attacke über. Die Wahlen hatten den Nazis eine immer größere,schließlich genügend starke Mehrheit im sächsischen Landtag gebracht, um den Etat der Staatstheater ablehnen zu können, der alljährlich in mehrtägigen Sitzungen unter eifrigster Beteiligung von Hinz und Kunz neu bewilligt werden mußte. Meine klar zur Schau getragene Abneigung führte zum offenen Angriff der immer einflußreicher werdenden nationalsozialistischen Presse.“
• 7. März 1933
Fritz Busch wird zum Vorstellungsbeginn von Verdis Aida durch SS-Horden ausgepfiffen und verläßt daraufhin die Oper. Er wird das Haus nie wieder betreten.
Fritz Buschs Rückblick auf seine Dresdner Amtszeit als Operndirektor
„Wir konnten, von tüchtigen Regisseuren wie etwa dem kenntnisreichen Dr. Otto Ehrhardt unterstützt, mitunter auch unter Reuckers eigener, erfahrener Regie einen Spielplan vorweisen, der in manchen Jahren fünfundsiebzig verschiedene Opern und Ballette umfaßte.
Bühnenbildner wie Fanto und Mahnke sorgten für einen würdigen Rahmen.
Es gab eine Spielzeit, in der wir zehn verschiedene Meisterwerke Verdis brachten. Von Handels »Xerxes« bis zu Strawinskys »Petruschka« konnte man fast alles Wertvolle hören, was es auf dem Gebiet der Oper einschließlich des Balletts gab. Mitunter erreichte die Dresdner Oper an Glanz und musikalischer Vollendung alles, was eine erste deutsche Opernbühne im Rahmen des bestehenden Systems zu leisten fähig war. Erinnert man sich an die lang anhaltende Erschütterung, die von Werken wie »Boris«, »Macht des Schicksals« oder von der düsteren Großartigkeit des »Don Carlos« ausging, an die Gehobenheit, mit der uns etwa »Falstaff«, »Don Giovanni« oder, mit der herrlich musikalischen, von Toscanini bevorzugten Editha Fleischer-Engel als Gast, eine schöne »Cosi fan tutte«-Aufführung beschenkte, so konnte man sich fragen, was denn noch fehle. Erst kürzlich traf ich einen sachverständigen amerikanischen Musiker im Kreise von Kollegen und Schülern, denen er von Dresdner Opernabenden als von etwas unvorstellbar Schönem, beinah Legendärem erzählte. Es war durchaus Wirklichkeit.
Zurückblickend frage ich mich, warum die Augenblicke so selten waren, in denen ich mich restlos glücklich fühlte. Ich hätte es sein können, wenn ich der erste Kapellmeister der Oper, nicht aber ihr Direktor gewesen wäre, der für jede Kleinigkeit die künstlerische Verantwortung trug. In den großen Uraufführungen und in einzelnen Neueinstudierungen konnte ich es erreichen, daß sich die schwankende Waagschale der mannigfachen Opernimponderabilien annähernd ausbalancierte. Im täglichen Spielplan war das undurchführbar. Wenn ich es damals in einer Umfrage in Opernkreisen als den heißesten Wunsch des Opernleiters bezeichnete: »nicht täglich, sondern dreimal, höchstens viermal wöchentlich Vorstellungen zu geben, die übrige Zeit aber für Proben zu verwenden«, so war ich damit auf dem Wege zu der später im Auslande, besonders am Teatro Colon in Buenos Aires, erworbenen Erkenntnis, daß der Stagionebetrieb künstlerische Vorteile vor dem schwerfälligen Apparat einer großen deutschen Bühne hat.
In jahrelangen Erfahrungen überzeugte ich mich davon, daß über den Begriff »Oper« ein weit verbreiteter Irrtum besteht. Man neigt dazu, sie für eine leicht zuzubereitende, dem Verderben kaum ausgesetzte Volksnahrung zu halten. Das Gegenteil ist richtig. Das »Oper« benannte Gesamtkunstwerk ist das anspruchsvollste und heikelste Erzeugnis, das menschlicher Kunsttrieb überhaupt hervorgebracht hat. Zu seiner Organisation gibt es, wie in derselben kritischen Opernstudie aus dem Jahre 1932 ein Kenner bemerkte, keine endgültige Lösung. Ich stimme seinem Schlusse bei: »Geboren aus Paradoxie, wird die Oper als schönes Rätsel weiterleben.« Prosaischer drückten Reucker und ich in einer kleinen Schrift, die wir nach zehnjähriger Zusammenarbeit herausgaben, ungefähr dasselbe aus: »Das Ergebnis der Tätigkeit einer Opernleitung wird – auch in besseren Zeiten – immer durch einen gewaltigen Abstand zwischen Erstrebtem und Erreichtem gekennzeichnet sein.«
Nun waren die Zeiten, in denen ich Opern leitete, noch niemals »besser« gewesen. Ich begann diese Tätigkeit zugleich mit einer ausbrechenden Revolution nach verlorenem Kriege, und die zehn Dresdner Jahre mußten wir eine Zeitspanne nennen, »die, beginnend in der Inflation, in einer der größten Wirtschaftskrisen aller Zeiten endete«. Ein neuer Schicksalsschlag hatte Deutschland und sämtliche Länder durch die von Wallstreet ausgehende Wirtschaftskrise betroffen. Die Depression des Weltmarktes zwang den Staat, äußerste Sparsamkeit walten zu lassen; eine Maßnahme, die sich in der Begrenzung Dresdens fühlbarer auswirkte als etwa in der Hauptstadt Berlin. Dort war man wiederum stets leichter geneigt, ausgezeichnete, daher in ihren Forderungen häufig maßlose Sänger, im Vertrauen auf ihre Zugkraft, zu überzahlen, indes sich Reucker erbittert auf Höchstgrenzen und Einschränkungsvorschriften berief. Ein anderer Punkt betraf die – ebenfalls in unserer Schrift erwähnte – »mühevolle Arbeit im Dienste der sogenannten ,stehenden‘ Vorstellungen des täglichen Spielplans«. Ein Vergleich mit Berlin und Wien zeigt, daß neben einer leitenden Dingentenpersönlichkeit immer ein oder mehrere Kapellmeister ersten Ranges verpflichtet waren. Nicht so in Dresden. Stieg ich aus den Höhen einer gelungenen Aufführung, auf die ich stolz sein konnte, hinunter in den alltäglichen Ablauf einer »Martha«-, »Butterfly«- oder »Fra Diavolo«-Aufführung, so hörte und sah ich oft Oper, wie sie nicht sein soll. Mir widerstrebte der Gedanke, irgendein kultivierter Besucher, der gestern Erfüllung aller Wünsche in der Dresdner Oper erlebt hatte, möchte, nachdem sein Glücksrausch ausgeschlafen war, nun in eine dieser Vorstellungen gehen, die doch »der eigentliche Gradmesser für das Niveau einer Bühne mit wechselndem Spielplan sind«. Meinen beiden Kollegen am Dirigentenpult widerstrebte das nicht; sie rechneten, klüger als ich, mit den gegebenen Verhältnissen. Sie waren tüchtige Routiniers, echte Nachfolger Reissigers, von dem Richard Wagner mit großer Komik berichtete. Von dieser Seite war kein Aufschwung zu erwarten.
Sparsamkeit war jedoch nicht der einzige Hemmschuh, der die Entwicklung hintanhielt, zumal man hoffen konnte, ihn, wie schon einmal, wieder loszuwerden. Hemmend war vielmehr ein System, das durch Tradition und Gewohnheit festgefahren, den dringend notwendigen Reformen verschlossen blieb.
In anderen Staatsopern bestanden ungefähr die gleichen Verhältnisse, wenn auch mit dem erwähnten Unterschied, daß dort mehrere erste Kapellmeister gleichzeitig wirkten. Es hätte wenig Sinn gehabt, den Arbeitsplatz zu wechseln, wie es mir erst von Berlin, dann wiederholt von Wien angeboten
worden ist.
In einem deutschen Staatstheater war zum Beispiel die künstlerische Gestaltung des Bühnenbildes unglaublich dadurch erschwert, daß oft tüchtige und brave Handwerker damit betraut wurden. Vom Staate lebenslänglich angestellt, konnten sie niemals entlassen werden, sofern sie keine silbernen Löffel stahlen. So gewiß sie ihr Bestes taten, durfte man weder Phantasie noch Originalität von ihnen verlangen, vor allem, wenn es sich um fernliegende Stoffgebiete handelte. Es kostete mich, obwohl von Reucker zäh und mutig unterstützt, viel Mühe, Kraft und Ärger, die Berufung fortschrittlicher, überdurchschnittlicher Maler und Architekten von auswärts durchzusetzen. Als Ergebnisse solcher Bemühungen entstanden unter anderem Slevogts schöne, wenn auch nicht einheitliche Bilder zu Mozarts »Don Giovanni«, Kokoschkas Hindemith-Inszenierung, Heckroths »Don Carlos«, Bühnenbilder von Poelzig und Preetorius, und der originelle, viel angefochtene »Ring des Nibelungen« von Strnad sowie die geglückten Improvisationen des Russen Chudjakoff. Aber dies waren Ausnahmen.
Ich schuf mir Feinde, weil ich oft Unzufriedenheit und Mißbilligung nicht verbergen konnte. Auch daß ich mir, in ständigem Suchen nach Erneuerung und zeitgemäßer Belebung der Operngestaltung, den sehr begabten Regisseur Josef Gielen vom Schauspielhaus auslieh, machte in der Staatsoper böses Blut.
Mit Reucker und Engel überlegte ich wieder und wieder, wie Besserung zu erzielen wäre. Da vor allem das Niveau des Tagesbetriebes gehoben werden mußte, machte ich Eingabe auf Eingabe, man möge, bei entsprechender Kürzung meines Gehalts, neben mir einen Operndirigenten wie Leo Blech oder Otto Klemperer, zumindest aber einen jungen Kapellmeister mit Begabung und Enthusiasmus verpflichten. Gern hätte ich auf manchen Gastspielurlaub verzichtet, wenn es mir auf diese Weise gelungen wäre, ausschließlich Vorstellungen zu bieten, die Wagners Forderung nach dem Gesamtkunstwerk der Oper entsprachen.
Ich versuchte Ähnliches zu erreichen, wie es Mahler in Wien und Toscanini an der Scala in Mailand vollbrachten: die vollkommene Reorganisation einer historischen Opernstätte, ohne Rücksicht auf die persönlichen Interessen langjähriger, ach so bewährter Kräfte und auf ersessene Gewohnheitsrechte. Meine Anregungen schlugen fehl. Das Beharrungsvermögen war nicht aufzurütteln. Der Kampf, meinen künstlerischen Willen durchzusetzen, war – wenn auch nicht immer erfolglos – im Laufe der Jahre zermürbend. Immer seltener wollte mir das Bewußtsein des »gewaltigen Abstandes zwischen Erstrebtem und Erreichtem« von der Seele weichen. Dann lernte ich Carl Ebert kennen.
Ich sah seine Inszenierung von Mozarts »Entführung aus dem Serail« an der Berliner Städtischen Oper, deren neuer Intendant er war, und die Gesamtheit seiner Leistung begeisterte mich, trotz gelegentlicher Überspitzungen, so sehr, daß ich nur den einen Gedanken hatte: mit diesem Manne in eine Arbeitsgemeinschaft zu treten.
Merkwürdig traf es sich, daß Ebert, der mich bis dahin so wenig kannte wie ich ihn, vom gleichen Wunsche beseelt war, nachdem er mich in Dresden am Dirigentenpult beobachtet hatte. Er bot mir bei erster Gelegenheit die Stellung des Generalmusikdirektors an seiner Oper an, ohne daß ich mich zunächst zum Weggang von Dresden entschließen konnte. Vieles war dort mit großem Elan begonnen und bisher nicht vollendet worden. Enttäuschungen wie Erfolgen zum Trotz beherrschte mich das Gefühl, dieser vielleicht vornehmsten unter den deutschen Kunststätten noch manches schuldig zu sein.“
• 1. Juli 1933
Richard Strauss
Uraufführung Arabella
Dirigent: Clemens Krauss
Regisseur: Josef Gielen
Einstudierung Opernchor: Karl Maria Pembaur
Viorica Ursuleac Arabella, Alfred Jerger Mandryka, Margit Bokor Zdenka, Friedrich Plaschke Graf Waldner, Camilla Kallab Gräfin Waldner, Martin Kremer Matteo, Ellice “Elisa” Illiard Fiakermilli
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Mit Dank für die konstruktive Zusammenarbeit
an das Historische Archiv der Sächsischen Staatsoper Dresden
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Alle Texte, Dokumente, Fotos und Videos aus: CD/DVD-Box Edition Staatskapelle Dresden Vol. 30