»KLINGENDE MAGIE« DRESDNER SÄNGER-LEGENDEN
Marta Fuchs
1898 in Stuttgart – 1974 in Stuttgart
„Lieber zehn Jahre weniger singen –
aber dafür das hochdramatische Fach,
dem meine ganze Liebe von jeher galt,
und das allein mir die Möglichkeit gibt,
eine Rolle bis ins Letzte
mit meinem Gestaltungswillen zu erfüllen – zu durchbluten.“
Marta Fuchs
„Bei mir stand von Anfang an eins fest: ich werd’ nur Sängerin, wenn ich die Brünnhilde und die Isolde singen kann.
Das war mein Ziel, mein heißester Wunsch, sonst wollte ich gar nicht singen, und fast wäre es hierzu gekommen, denn so unbegreiflich es heute klingt: meine Stimme war anfangs so zart, daß ich zuerst einmal Konzertsängerin wurde, aus dem richtigen Empfinden heraus, daß die Stimme für die Bühne gar nicht ausreichen konnte. Fünf Jahre reiste ich als Liedsängerin herum, am liebsten und ausgiebigsten in meiner württembergischen Heimat.
Erst als ein Berliner Kritiker schreib, warum ich eigentlich nicht zur Bühne ginge, dachte ich wieder mehr an diesen einstigen Traum. Ich sang dann einem Konzertagenten vor und wurde innerhalb von acht Tagen engagiert. Zwei Jahre nach Aschen, und von dort aus gleich nach Dresden. Das ist halt alles.“
Zwischen Dresden und Bayreuth
Marta Fuchs zählt zu den nachhaltigen „Entdeckungen“ des Dresdner Generalmusikdirektors Fritz Busch, der die Sängerin 1930 an die Sächsische Staatsoper verpflichtete. In den Folgejahren entwickelte sich ihre Stimme wo sich ihre
Stimme zum hochdramatischen Sopran. Dennoch war sie auch weiterhin in Altpartien in Dresden zu erleben: So sang sie Donna Anna, Marschallin, Ariadne, Elisabeth, Venus, Eisa, Amneris, Eboli, Leonore und Ortrud. 1935 übernahm sie in der Uraufführung der Oper „Der
Günstling“ von Rudolf Wagner-Rigeny die Partie der Maria Tudor. Von 1933 bis 1942 feierte man sie in Bayreuth
als Isolde, Kundry und Brünnhilde.
Nach 1945 lebte sie in Stuttgart, wo sie bis 1952 als Gast an der dortigen Oper zu hören war, so 1951 in der Deutschen Erstaufführung von „The Rake’s Progress“ von Strawinskyals Türkenbaba.
Eine der Aufrechten im „Dritten Reich“
Dem nationalsozialistischen Regime stand sie hoch distanziert gegenüber.
So weigerte sie sich auch, am 12. März 1933 eine „Entschließung sämtlicher Vorstände und der Mehrzahl der Mitglieder der Sächs. Staatsoper in Dresden“ in der es hieß, dass Fritz Busch „weder künstlerisch noch menschlich qualifiziert“ sei, „weiterhin an der Staatsoper zu wirken“, mit zu unterzeichnen.
Marta Fuchs zu ihren Plattenaufnahmen
„Ich habe großes Interesse an meinen Plattenaufnahmen,“ erklärt sie in ihrer lebhaften Art.
„Es gibt ja keine bessere Möglichkeit, sich zu kontrollieren, da man beim Abhören der Musikplatten Dinge hört, die man sonst gar nicht weiß.
Spaßig ist es schon, daß man sich nie selber wiedererkannt, und wenn etwas anders wird, als man sich’s gedacht hat, bekommt man eine Mordswut, weil das dann für ewig festgenagelt ist.
Schwierig erscheint mir beim Plattensingen allein, daß man doch eigentlich mit halber Stimme doppelten Ausdruck geben muß, daß man also hier den Ausdruck fast übertreibt und die Stimme dabei zurückhält.
Am günstigsten für die Platte finde ich die ruhigen, nicht zu hohen Lieder; wenn ich jetzt an den ´Erlkönig´ denke (DB 3361), so glaube ich, daß er schon die Grenze dessen ist, was die Platte hergeben kann, denn bei zu schnellen Begleitungen geht eben doch das Individuelle etwas verloren.“
Und doch reißt gerade der ´Erlkönig´ den Hörer so fort, wie kaum jemals eine Liedaufnahme. Hier könnte einer, der dazu ausgezogen ist, buchstäblich das Gruseln lernen, weil die große Gestaltungskraft, von der wir anfangs sprachen, Marta Fuchs diese Ballade so vortragen läßt, wie sie sowohl Goethe wie Schubert vorgeschwebt haben mag, der eine, als er dieses erschütternde Gedicht schuf, der andere, als er ihm durch seine Klänge packendsten musikalischen Ausdruck verlieh und es dadurch erst wahrhaft volkstümlich machte.
„Mit geschlossenen Augen“!
Wer Marta Fuchs’ herrliche Aufnahme aus der „Walküre“, die aus stärksten Empfinden quellende Bitte des Lieblingskindes an den Göttervater (Electrola DB 4555) mit geschlossenen Augen auf sich wirken läßt, der fühlt sehr wohl, daß Marta Fuchs nicht nur eine große, von seltenem Wohllaut erfüllte Stimme ihr eigen nennt, sondern daß sie gleichzeitig ein einmaliges, außerordentlich starkes Bühnentalent ist, für deren ausladendes Format eine Gestaltung gar nicht genug dramatisch sein kann.
Von einer etwas anderen Seite noch – vom Ausdruck her gesehen – kann sich Marta Fuchs’ außerordentlich Künstlerschaft in der mystisch-erhabenen großen Szene der Begegnung der Walküre mit dem Helden Siegmund offenbaren. Eine Szene, deren Electroaufnahme gerade soeben veröffentlicht wurde (DB 4606 bis 07).
Mit Spannung sehen wir einer weiteren Schöpfung der Künstlerin für die Electrola-Platte entgegen: Isoldes Liebestod.
Aus einem Artikel der Electrola-Hauszeitschrift vom Dezember 1938
unter dem Kürzel „evmari“
Die Plattenaufnahmen
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Text- und Bildnachweise:
Dr. Steffen Lieberwirth: Fritz Busch und Dresden – Dokumentation
Peter Lobert: Sänger an der Dresdner Oper. Von der Jahrhundertwende bis zum Kriegsende 1945. Diplomarbeit, Dresden 2001
Dr. Eberhard Steindorf: Booklettext zur CD-Box „Fritz Busch“ Edition Staatskapelle Dresden Vol. 30
Budesarchiv Berlin: Berlin Document Center (BDC)
Sammlung Dr. Jens Uwe Völmecke
Sammlung Dr. Günter Meyer
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